Die exakte Vermessung von Bauten im Bereich Abwasser/Kanal mit 3D-Laserscannern entwickelt sich sehr dynamisch. Die GEODOC GmbH aus Hamburg nimmt dabei eine Pionierrolle ein.
Seit nunmehr drei Jahren beschäftigt sich die GEODOC GmbH aus Hamburg mit dem 3D-Laserscanning-Verfahren für Abwasserkanäle und unterirdische Bauwerke. „Kein anderer Bereich in der Inspektionstechnik entwickelt sich derart stark“, sagt Prokurist Lüdeke Graßhoff. Worin liegt diese Dynamik begründet? Vor allem sind dafür die Entwicklungen auf dem Gebiet der Sensorik verantwortlich. Die neueste Generation Laserscanner erreicht sehr hohe Punktwolkendichten und besitzt geringe Baumaße, was für den unterirdischen Einsatz wichtig ist. „Bei einem Scan mit einer Auflösung von sechs Millimetern in 10 Meter Entfernung werden so innerhalb von 60 Sekunden 120 Millionen Messpunkte in den Rohdaten erzeugt“, so Graßhoff. Später bleiben wegen der Überlappung und Bereinigung immerhin noch rund 20 Prozent der Vermessungspunkte übrig.
Immer wieder fragen Kompetenzträger in dem Bereich Abwasser/Kanalmanagement bei GEODOC jedoch nach der mit den 3D-Laserscannern erzielbaren Genauigkeit, schließlich ist sie bei der Profilmaßbestimmung das wesentliche Kriterium für die anschließende Sanierung, aber auch für die Beurteilung der Statik.
Tests belegen Genauigkeit
GEODOC hat daher in Abstimmung mit dem Hersteller Leica Geosystems (Teil von Hexagon) und der DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.) eine Referenzmessung realisiert. Daraufhin wurde eine Studie zur Genauigkeitsbestimmung des eingesetzten Messverfahrens durchgeführt. Verantwortlich dafür war das IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur GmbH. Die BERDING BETON GmbH, Hersteller von Betonerzeugnissen für den Straßen- und Kanalbau, stellte verschiedene Rohrprofile bis zu einem Durchmesserbereich von DN 1200mm für die Vermessung zur Verfügung. Zusätzlich wurden auch Profile aus Glasfaserkunststoff (GFK) vermessen. Als Ergebnis liegen die Abweichungen bei den Messungen zwischen 0,01% (0,1mm) und 0,12% (3,5mm). „Damit ist das 3D-Laserscanverfahren circa 15-mal so genau wie die aktuell verfügbaren Messverfahren“, so Graßhoff.
Vor allem auch die Betonrohrhersteller zeigten großes Interesse an diesem Messverfahren, da es bis dato noch nicht möglich war, die Rohrmaße in der Produktion so exakt zu bestimmen. GFK-Formstücke zum Beispiel lassen sich zur Sanierung eines Eiprofils virtuell in 3D planen, so dass sich exakt die maximal mögliche Länge der Formstücke bestimmen lässt, um mit den Formstücken noch um die Bögen zu kommen (siehe Bild rechte Seite unten).
Weitere Innovation bilden die mobilen Scansysteme, wie etwa der Leica BLK2Go. „Für das Kanalmanagement ist diese Entwicklung von entscheidender Bedeutung, weil wir damit die Möglichkeit erhalten, während der ganz normalen Bewegung das Objekt hochgenau in 3D zu erfassen“, so Graßhoff.
Arbeiten mit dem Roboterhund
Interessant ist auch der Leica BLK ARC, der auch zusammen mit dem Roboterhund Spot von Boston Dynamics eingesetzt werden kann. „Das schafft die Möglichkeit, Sphären zu erreichen, in die keine Kanalrohrkamera vordringen kann, etwa bei verrohrten Bachläufen“, so Graßhoff. Das kontinuierliche Scannen könnte während der normalen Kamerainspektion ausgeführt werden, um die Rohrgeometrie exakt zu vermessen, und das mit einer Datenrate von 420.000 Messpunkten kontinuierlich pro Sekunde, wobei an Schlüsselstellen noch statische Scans möglich sind. „Erste Labor- und Praxisversuche zeigten bereits sehr vielversprechende Ergebnisse“, so Graßhoff.
Tests mit dem Spot zeigten aber, dass der Roboterhund in seinem jetzigen Konzept noch nicht im Kanal eingesetzt werden kann. Vor allem fehlte Spritzwasserschutz, aber auch der autonome Gang durch Wasser war noch nicht zufriedenstellend. „Wir sind aber in engem Kontakt mit Boston Dynamics, um hier die Entwicklung weiter zu begleiten“, so Graßhoff.
Ebenso arbeitet GEODOC eng mit Hexagon zusammen, um den Leica BLK ARC auf einem Kanal-TV-Fahrwagen zu implementieren. Der nächste Schritt sei hier, mit einem Kanal-Kamerahersteller ein professionelles System inklusive Softwareintegration zu entwickeln.
Laserscanner aus der Luft
„Mittlerweile hat es sich etabliert, die unterirdische 3D-Modellierung von Abwasseranlagen und Bauwerken mit jenen der Oberfläche zu verbinden“, so Graßhoff. In diesem Zuge werden Planungen zu den Baustellen an der Oberfläche integriert und etwa Fragen zur Platzierung von Kopflöchern an der Erdoberfläche, den abzusperrenden Bereichen oder zu dem Einfluss von Parkplätzen beantwortet. „Die Baustelle kann durch den Bauleiter sozusagen jederzeit im Büro virtuell begangen werden“, so Graßhoff.
Im Zusammenhang mit einer Untersuchung von Hochwasserschutzanlagen in Hamburg hat GEODOC einen autonom fliegenden Laserscanner (Leica BLK2FLY) angeschafft. Damit lassen sich zum Beispiel auch Flächen an Kaimauern, Dachflächen, hochliegende Gebäudefronten, Fensterlaibungen, Balkonen und größere Flächen schnell erfassen. Aus diesen Daten lassen sich dann wiederum 3D-Objekte und Vermaschungen erstellen, um somit aussagekräftige Digitale Geländemodelle (DGM) zu erzeugen. „Jetzt wird es möglich, sofort zu erkennen wo zum Beispiel bei einem Hochwasserereignis Handlungsbedarf wäre“, so Graßhoff.
Der BLK2FLY verfügt dafür über verschiedenste Sensoren, wie zum Beispiel LiDAR, Radar, 5 Kameras, GNSS oder SLAM (Simultaneous Localization and Mapping/Simultane Positionsbestimmung und Kartierung). Die Kommunikation läuft über LTE, WLAN und Bluetooth. Speziell durch den GNSS-Empfang mit den Korrekturdiensten kann die Drohne auf zwei Zentimeter genau in der Luft positioniert werden und diese Genauigkeit spiegelt sich dann auch in der LIDAR-Vermessung und den Punktwolken wieder. „Lage- und Höhenpläne, Geländeschnitte, Flächen- und Volumenmessungen sind nun in ganz anderer Qualität möglich“, so Graßhoff.
Über die fünf Kameras erhält das Unternehmen nicht nur ein Livevideo und Kugelbilder, sondern die Punktwolke wird auch fotorealistisch eingefärbt. „Messjobs, die wir bis vor kurzem noch aufwendig in Klettertechnik zum Beispiel auf dem Zeltplanendach des Tennis Center-Courts Rothenbaum durchgeführt haben, sind jetzt ohne größeren Aufwand, ohne Sicherheitsvorkehrungen und ohne riskante Klettertechnik deutlich effizienter abzuarbeiten“, so der Ingenieur.
Es gibt zwar auch bereits Drohnen für den Durchflug im Kanalbereich, diese seien aber noch nicht marktreif für die Vermessung. Entweder liefern die für die visuelle Inspektion gedachten Geräte zu geringe Auflösungen. Oder die spezialisierten Drohnen wie die BLK2FLY seien aufgrund fehlender GNSS-Positionierung und der äußerst hohen Anforderungen an die Hinderniserkennung im autonomen Flug im Kanal noch nicht praktikabel. (sg)