Mobile Mapping liefert die Datengrundlage für Straßenzustandsbewertungen – aber nicht nur dafür. In der Stadt Peine zeigten eagle eye und das Ingenieurbüro BPI, wie das Risiko einer Überflutung damit kalkuliert werden kann.
Kommunen sind nach DIN EN 752 dazu verpflichtet, auch bei außergewöhnlich starken Regenfällen eine adäquate Überflutungsvorsorge zu gewährleisten – und diese Gewährleistung im Zweifelsfall nachzuweisen. Doch auch das originäre Interesse, Schäden in der Stadt oder Gemeinde zu vermeiden, spielt eine Rolle. Starkregenereignisse nehmen, so zeigen Versicherungsstatistiken, zu und damit stehen Kommunen vor der Herausforderung, tragfähige Risikoanalysen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Die Frage, die sich stellt: Welche Maßnahmen müssen zwingend ergriffen werden? Dem Ausbau des Kanalnetzes stehen möglicherweise kostengünstigere Lösungen gegenüber. „Eine differenzierte Betrachtung ist unerlässlich“, weiß Dr. Alexander Verworn vom Ingenieurbüro BPI HANNOVER • VERWORN, der derartige Planungen für Städte und Gemeinden durchführt.
Kombinierte Analyse für Risikobewertung
Die Stadtentwässerung von Peine hat im vergangenen Jahr das Ingenieurbüro BPI beauftragt, eine Kanalsanierung zu planen, um Überflutungsvorsorge-Maßnahmen zu treffen. Die Berechnungen des neuen Kanalnetzes ergaben drei Überstau-Schwerpunkte im Ortsteil Rosenthal. „Ob diese zu Überflutungsschäden führen, ist anhand der eindimensionalen Kanalnetzberechnung nicht zu entscheiden“, erläutert Dr. Verworn. Was bis dahin noch nicht in der Planung berücksichtig wurde, waren die topographischen Gegebenheiten in besagtem Ortsteil. „Eine vernünftige Prognose können hier nur hydrodynamische Simulationen beziehungsweise kombinierte Analysen liefern.“
Solche kombinierten Analysen (auch als gekoppelte Simulation bezeichnet) modellieren den kompletten Wasserfluss im Kanal und an der Erdoberfläche. Dafür stützen sie sich einerseits auf die Kanalnetzberechnung und andererseits auf hochgenaue digitale Oberflächenmodelle (DOM), insbesondere im Bereich der Verkehrswegeinfrastruktur. So wird das Fließverhalten des Wassers bei lokalen Starkregenereignissen ganzheitlich simuliert. Anhand dieser Simulation kann man die Folgen solcher Ereignisse sehr genau abschätzen, beispielsweise das Risiko für überflutete Keller und Grundstücke. Dr. Verworn dazu: „Sie zeigen exakt, wo bei Starkregenereignissen Probleme drohen und wie sie zu beheben sind.“ In Peine sollten beide Analysen zusammengenommen die Auswirkungen der Überstau-Schwerpunkte simulieren. Die eagle eye technologies GmbH lieferte dafür das erforderliche exakte Geländemodell des Ortsteils Rosenthal für das Überflutungsmodell. Die Datenbasis erhält das Berliner Technologieunternehmen mit zwei bewährten Verfahren, die ebenso bei der Erfassung von Straßenzustandsdaten zum Einsatz kommen – ein Sachverhalt, den Dr. Johannes Ludwig, Geschäftsführer von eagle eye technologies, hervorhebt: „Viele Kommunen erfassen Infrastrukturdaten im Zuge der Doppik oder des Erhaltungsmanagements. In diesem Verfahren können Daten, die für die Überflutungsvorsorge benötigt werden, mit geringem Zeitaufwand mit erhoben werden.“
Straßenbefahrung und Drohnenflug
1.20 Wasser-/Abwassermanagement
eagle eye technologies befuhr mit dem eigenen Erfassungsfahrzeug die Straßen im Gebiet, um für die Simulationen relevante Bruchkanten, wie Bordsteinober- und Unterkanten oder Fahrbahnbegrenzungen und Einfahrten, aufzunehmen und zu vermessen. Zudem wurde das 3,83 Hektar umfassende Untersuchungsgebiet von eagle eye per Drohne beflogen und dabei Orthofotos mit Schrägansichten und Punktwolken erstellt. Die Daten aus beiden Verfahren wurden dann kombiniert, sodass im Endergebnis ein detailliertes digitales Höhenmodell für die Simulationsrechnungen zur Verfügung stand. Das gesamte Modellgebiet umfasste dabei eine feine Auflösung von insgesamt 20.137 Knoten und 38.318 Elementen. BPI koppelte anschließend das Kanalnetzmodell mit dem entstandenen Überflutungsmodell und führte die Berechnungen mit verschiedenen Systemzuständen und Niederschlagsbelastungen durch.
Das Ergebnis: „Nur ein Gebäude im Ortsteil Rosenthal könnte unter bestimmten Umständen von Überflutungen betroffen sein“, berichtet Dr. Verworn. Eine gezielte Vorsorge stand für die Stadt Peine dank dieser Informationen auf sicheren Beinen. So kann beispielsweise eine einfache Gegenmaßnahme, wie etwa eine kleine Staumauer, bereits Abhilfe schaffen. „Das ist definitiv wirtschaftlicher als im Ernstfall von den Ereignissen überrascht zu werden oder, quasi auf Verdacht, höhere Kanalkapazitäten bereitzustellen, als tatsächlich benötigt werden“, fasst Dr. Verworn zusammen.