Wie das Planungsbüro BPR CARD/1 nutzte, um die topographisch anspruchsvolle Baulandschaft vor dem Paderborner Dom zu planen.
Städtische Plätze, die direkt vor zentralen Sakralbauten liegen, gehören zu den am meisten beachteten und umstrittensten Orten für die Stadtplanung. An den symbolisch verdichteten Orten treffen sich die Interessen von Verkehr, Einzelhandel, Touristik, Historikern und Politik nicht selten auch unter großem öffentlichen Streit. Kein Wunder, dass die Planungen für die Neugestaltung des Paderborner Dom- und Marktplatzes eine besonders anspruchsvolle Aufgabe war.
Wichtig für die Stadt Paderborn als Bauherr war etwa, dass geistliche und weltliche Nutzungen auch weiterhin nebeneinander bestehen bleiben. Um gleichzeitig die Verkehrssicherheit zu gewährleisten musste das Platzensemble neu gegliedert werden. Die Objektplanung der Frei- und Verkehrsanlagen wurden von dem Büro lad+ landschaftsarchitektur diekmann (Projektleitung) und der Firma BPR durchgeführt. Sie umfasste eine öffentliche Verkehrsfläche von rund 9.000 Quadratmetern und ein Bauvolumen von rund 3,4 Millionen Euro brutto. Geplant wurde von Oktober 2013 bis September 2014. Die Bauarbeiten für den Dom- und Marktplatz haben 2014 mit Leitungsarbeiten und archäologischen Untersuchungen begonnen und sollen sich bis 2018 erstrecken.
Vielschichtige Planung
Verkehrsanlagen sollten entflochten, Aufenthaltsbereiche geschaffen und Räume akzentuiert werden. So wurde eine Baumreihe geschaffen, die den Verlauf der historischen Handelsroute (Hellweg), die genau hier verlief, nachzeichnet und gleichermaßen die Grenze des ehemaligen Friedhofs markiert. Für die Priorisierung des Fußgängerverkehrs wurde eine tiefergelegte polygonale Innenfläche erstellt, die einen Brunnen umfasst. Die Platzränder dienen der Außengastronomie und den Passantenströmen, eine 50 Meter breite Freitreppe strukturiert zusätzlich den Raum und verbindet die einzelnen Zonen.
lad+ und BPR wurden beauftragt, die unterschiedlichen Nutzungen des Platzes als Verkehrsanlage, Parkplatz, Aufenthaltsort und Wochenmarkt neu zu strukturieren. Dabei sollte die Höhenentwicklung des Geländes optimiert werden, um einen homogenen, niveaugleichen Ausbau zu erreichen und die vorhandene Situation der Oberflächenentwässerung zu verbessern. Außerdem waren die Belange eines barrierefreien Zuganges zu berücksichtigen.
Bestandteil der Planung war die Ausstattung des Verkehrsraumes mit Bänken, Leuchten, Fahrradbügeln, Pollern und Abfallbehältern aus einer einheitlichen Möbelfamilie. Am oberen Treppenrand der Freitreppe zum Dom bietet eine Reihe von Sitzbänken Platz zum Verweilen und wird gleichzeitig zum Filter zwischen kontemplativen Domplatz und profanem Marktgeschehen.
Hoher Nutzen von 3D
Insgesamt also ein hochintegratives, multifunktionales Konzept, dass aufgrund der verschiedenen Höhenebenen innerhalb einer 2D-Planungsumgebung nur äußerst schwierig planerisch abgebildet werden kann.
So setzte das Planungsbüro BPR auf Basis der CARD/1-Technologie von IB&T 3D-Visualisierung ein, die einen besonders wichtigen Stellenwert einnahm. Zu den Besonderheiten zählte dabei die Planung einer 50 Meter langen Freitreppe mit Zwischenpodest und seitlicher Feuerwehrrampe. Speziell die Ausbildung des Übergangs zwischen Treppe und Rampe war zunächst nur schwer vorstellbar. „Das hat uns nicht nur bei den internen Planungen sehr geholfen. Schon auch in der Entwurfsphase war die 3D-Ansicht ein wichtiges Medium für die öffentliche Darstellung des Projekts“, sagt Heiko Biesler, Fachbereichsleiter Planung bei BPR.
„Die Planung mithilfe der CARD/1 Module Achsentwurf, Gradientenentwurf, Profilentwicklung und Modellerstellung zu bearbeiten, war sehr umfangreich und hat gleichwohl allen Beteiligten viel Spaß gemacht“, sagt Biesler. Als sehr hilfreich habe sich das CARD/1 Modul 3D-Projektansicht erwiesen, um einerseits die Planung zu prüfen und andererseits eine räumliche Vorstellung der Planung zu bekommen.
Auch die Vermessung profitiert
Auch bei Informationsveranstaltungen konnte BPR mithilfe der dreidimensionalen Ansicht eine anschauliche Präsentation der Planung vorstellen. „Inzwischen ist die 3D-Planung gerade auch im Tiefbau üblich, in diesem Projekt hat sie uns aber besonders geholfen“, sagt Biesler.
Zum Beispiel auch für die Betrachtung der Regenwasserableitung, die besonders anspruchsvoll war, da der Dom und dessen Eingang unterhalb der normalen Geländehöhen liegen. „Wir haben bereits oberhalb der Treppe Maßnahmen für die Ableitung des Regenwassers treffen müssen“, sagt Biesler.
Ebenfalls gehörte es zur Aufgabe, den umliegenden Bereich mit in den Überflutungsschutz einzubeziehen, besonders vor dem Hintergrund von Starkregenereignissen. Ebenso sei der 3D-Projektentwurf auch für die Vermessungsdienstleistungen hilfreich, die BPR ebenfalls anbietet. „Man sieht so beim Innendienst sofort, wenn ein Maß nicht stimmen kann und hat so eine wesentlich effizientere Qualitätskontrolle“, beschreibt der Tiefbauingenieur.