Künstliche Intelligenz dringt tiefer in die Informationsangebote von Geodateninfrastrukturen ein, vernetzt deren Daten inhaltlich, räumlich und semantisch und macht sie damit unterschiedlichsten Fragestellungen und maschinellen Verarbeitungsprozessen zugänglich.
In den Geodateninfrastrukturen der Öffentlichen Hand werden die Informationsangebote themen- und ressortbezogen in Form riesiger kompakter Datenpakete bereitgestellt. „Die Nutzer dieser Dienste haben jedoch fast immer einen ressortübergreifenden und nicht selten auch objektbezogenen Informationsbedarf, der bisher nur mühselig durch eine manuelle Auswertung aller verfügbaren Datenpakete befriedigt werden kann, die sich vom traditionellen Kartenlesen kaum unterscheidet. Der Grund für diesen nicht mehr zeitgemäßen Aufwand ist die fehlende interdisziplinäre und netzweite Verknüpfung der in den einzelnen Datenpaketen enthaltenen ‚atomaren‘ Objektinformationen“, berichtet Paula Desjardins, CEO der SRP GmbH.

Bild 1: Kartographische Darstellung der recherchierten Informationsobjekte im System „CityTwin-DSS“
Quelle: SRP GmbH
Mit dieser Ausgangsposition entwickelte die SRP (Systementwicklung für Raumbezogene Planung) GmbH gemeinsam mit der FHE (Fachhochschule Erfurt, Fachgebiet Vermessung und Geoinformatik) ein wissensbasiertes Entscheidungsunterstützungssystem für raumbezogene Planungen und Analysen mit der Bezeichnung „CityTwin-DSS“ (Decision Support System). Ziel dieses Forschungsprojektes war die automatisierte Vernetzung „atomarer“ Informationseinheiten (sogenannter Entitäten) aus unterschiedlichen Datenquellen anhand ihrer räumlichen, thematischen und semantischen Beziehungen.
Durch den Einsatz automatisierter Methoden des maschinellen Lernens verfügt dieses System nach Angaben der SRP unter anderem über folgende Fähigkeiten:
- Akquisition relevanter Daten im Internet auf der Basis der semantisch vernetzten Begriffswelt des jeweiligen Anwendungsgebietes (Systemontologie)
- automatisierte Geo- und Objektreferenzierung von Dokumenten anhand der Lageinformationen und der Semantik ihrer Inhalte
- Regelbasierte Datenvorverarbeitung der Datenpakete für Analysen und Wissensgenerierung
- selbständige Vernetzung von Entitäten aller Datenpakete unter inhaltlichen, räumlichen und semantischen Aspekten sowie zur dynamischen Generierung des daraus folgenden Datenmodells (Bild 2)

Bild 2: Dynamisch generiertes Datenmodell der CityTwin-DSS-Graph-Datenbank
Quelle: SRP GmbH
Als praktisches Beispiel benennt Paula Desjardins den Informationsbedarf von Planern und Investoren bei der Suche und Bewertung von Wohnungsbaustandorten und der Planung wohnungsnaher Erholungs-und Freizeitangebote: „Für die Beschaffung dieser Informationen wird das System mit den notwendigen Parametern konfiguriert, beispielsweise räumliche Erstreckung des Untersuchungsgebietes, fachliche Inhalte, Planungsziele. Das vom System auf diese Fragestellung gelieferte Ergebnis mutet auf den ersten Blick an wie eine traditionelle thematische Karte eines beliebigen Geoinformationssystems. Es handelt sich jedoch um die Zusammenschau aller Objekte und der mit ihnen assoziierten Daten aus allen in der Internet-Domäne berlin.de erreichbaren Informationsangeboten zum Thema Berliner Wohnungsbau und deren Datenpaketen in den Grenzen des Untersuchungsgebietes. Darunter relevante Informationen aus dem ALKIS, dem Umweltatlas, der Spielplatzplanung, der Bebauungsplanung, der Flächennutzungsplanung und dem Landschaftsprogramm.“ (Bild 1)
Nach Aussage der IT-Expertin Desjardins werden zusätzlich zu den geografischen Informationsobjekten auch Dokumente unterschiedlichster Formate domänenweit recherchiert, wenn deren Inhalte dem jeweiligen Informationsbedarf entsprechen, und anschließend als Entitäten mit der Thematik und den Geo-Objekten des Anwendungsfalls verknüpft. Diese Recherche erfolgt mithilfe der Fachontologie des Systems.

Bild 3: Ontologie-basierte Dokumentenrecherche
Quelle: SRP GmbH
Die KI-Funktionalität sorgt dafür, dass die initialen Fachbegriffe, wie „Wohnungsbau“, anhand der recherchierten Dokumente durch weitere Begriffe vergleichbarer Bedeutung ergänzt werden. Dadurch erfolgt eine kontinuierliche Erweiterung der Fachontologie und der Wissensbasis des Systems, was den Umfang und die Zielschärfe nachfolgender Recherchen sukzessive verbessert (Bild 3). Auch die Nutzer vergrößern mit jedem Anwendungsfall das Wissen des Systems und können somit vom Wissen anderer Nutzer profitieren.