Das deutsche Straßennetz beläuft sich nach Angaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) auf eine Länge von mehr als 830.000 Kilometern. Angesichts dieser Größe ist es also kein Wunder, dass Straßenbetreiber und Gesellschaft hinsichtlich der Bewirtschaftung und Erhaltung dieser Infrastruktur gleichermaßen vor großen Herausforderungen stehen. Denn das Verkehrsaufkommen steigt, Mittel für die Instandhaltung sind begrenzt und digitale Prozesse für die Zustandsbewertung und Instandhaltungsplanung fehlen nach wie vor an vielen Stellen. Auch die Verfügbarkeit flächendeckender und kontinuierlich aktualisierter Daten zur Straßeninfrastruktur muss in diesem Zusammenhang verbessert werden.

Im Verbundprojekt TWIN4ROAD soll eine Infrastrukturdatenbank als Digitaler Zwilling für das Straßenrauminventar aufgebaut werden. Foto: Point Cloud Technology / BMVI
Diesem Problem widmet sich seit Dezember 2021 das TWIN4Road-Projekt. Mit dem Einsatz moderner Technologien soll hier ein Mehrwert für den Bereich Straße geschaffen werden. Ziel ist es, eine Infrastrukturdatenbank als Digitalen Zwilling für das Straßenrauminventar wie beispielsweise Lichtsignalanlagen, Verkehrsschilder oder Vegetation aufzubauen. Hinzu kommt eine Zustandsbewertung von Straßen und deren Unterbau, um zum Beispiel Schäden an der Fahrbahn oder Hohlräume erkennen zu können. Als Datengrundlage werden 3D-Punktwolken, Bilddaten und Bodenradardaten genutzt, die mit Mobile Mapping-Fahrzeugen erfasst und mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) analysiert werden.
TWIN4ROAD wird im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit insgesamt 1.891.606 Euro durch das BMVI gefördert. Projektpartner sind die Point Cloud Technology GmbH aus Potsdam, die Stadt Essen, das Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering gGmbH und der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Gelsenkirchen. Gemeinsam wollen die Partner ein cloudbasiertes System mit geringer Zugangshürde für Dienstleister, Behörden und Kommunen umsetzen. Ebenfalls sind Straßenbetreiber im Rahmen einer Verbundpartnerschaft in allen Projektphasen in das Projekt involviert.
Hochinnovative Lösung für Kommunen und Straßenbetreiber
„Das geplante System stellt eine hochinnovative Lösung für viele Kommunen und Betreiber von Straßen dar, die eine Instandhaltungsplanung datenorientiert umsetzen wollen. Im Ergebnis werden die Verfügbarkeit, Verkehrssicherheit und Nutzung der Straßeninfrastruktur verbessert. Auch lassen sich vereinfachte Handlungsempfehlungen für alle Lebenszyklen von Straßen ableiten“, berichtet Dr. Frank Knospe, Fachbereichsleiter Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster der Stadt Essen, die im Projekt als erste Großstadt Deutschlands mit einem eigenen Multi-Sensor-Messfahrzeug zur Straßenerfassung einen besonderen Stellenwert einnimmt.
Die projektbezogene Expertise der Point Cloud Technology GmbH ist die Entwicklung von Softwaresystemen für die Verarbeitung und Analyse solch großer Datenmengen. Das Hasso-Plattner-Institut steuert sein Fachwissen im Bereich der Entwicklung von KI-Verfahren für räumliche Daten bei und hat viel Erfahrung im Bereich der Konzeption und dem Betrieb einer Software-as-a-Service (SaaS)-Plattform. Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen hat eine hohe Fachexpertise in allen Phasen der Lebenszyklen einer Straße, insbesondere im Bereich Geodatenverarbeitung und Straßeninformationssysteme. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW ist die einzige Straßenbauverwaltung in Deutschland, die ein eigenes Informationssystem für das Management von Straßendaten entwickelt hat. Darüber hinaus unterhält der Landesbetrieb Straßenbau eine eigene Prüfstelle für Straßenbaustoffe und Baugrunduntersuchungen, die über umfangreiche Erfahrungen beim Einsatz von Georadar und der Entnahme von Bohrkernen verfügt. Insgesamt betreut der Landesbetrieb 3.950 Kilometer Bundesstraßen und 11.630 Kilometer Landesstraßen, aber auch rund 1.000 Kreisstraßen und 6.800 Bauwerke wie Brücken und Tunnel. (jr)