Zur Sicherheit von Freileitungen ist es für Netzbetreiber vorgeschrieben, diese vor der Vegetation zu schützen. Der Abstand zu Bäumen oder Sträuchern darf einen definierten Abstand von wenigen Metern nicht unterschreiten, sonst droht die Gefahr von Kurzschlüssen und damit von Stromausfällen. In der Regel sorgen externe Dienstleister dafür, dass die Freileitungen entsprechend geschützt werden. Die Syna GmbH als Netzbetreiber für Strom- und Gasversorgung in Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg ist in der täglichen Verantwortung, dass die Energie dahin kommt, wo sie gebraucht wird – und hat damit wie alle Netzbetreiber hohes Interesse daran, die Risiken eines Versorgungsausfalls sowie von Transportlücken möglichst gering zu halten. Dafür setzt der moderne Netzbetreiber vor allem auf die Digitalisierung. Denn klar ist: Verteilnetzbetreiber, die bereits die Zukunft im Blick haben wollen, sollten flexibel und mit digitalen Lösungen auf diese neuen Anforderungen reagieren können.
Im Zuge der Digitalisierung hat die Syna auch das Projekt „Vegetation Management“ initiiert. Die regelmäßige Begehung aller Freileitungen ist für alle Netzbetreiber laut DGUV Information 203-033 (BGI 887) Pflicht. Die Ausäst-Arbeiten in der Nähe elektrischer Freileitungen sollen Berührungen mit der Vegetation verhindern und somit den betriebs-sicheren Zustand gewährleisten.
Durchgehend digitale Prozesse
Bisher wurden die Begehungen der Freileitungen über PDF-Formulare und ein separates Kartenwerk dokumentiert. Eine neue digitale Lösung per App vereint Formulare und Kartenmaterial. „Wir wollen die Dateneingaben optimieren und den Mitarbeitern vor Ort ein leistungsstarkes Werkzeug zur Verfügung stellen“, sagt Angela Völpert, Spezialistin im Team Netzinformationssysteme bei der Syna. Dienstleister werden in Zukunft mit der neuen App „Vegetation Management“ vor Ort die Maßnahmen erfassen. Die App liefert das Kartenmaterial inklusive Grundkarte und der zu begehenden Freileitungen. Die einfache Navigation und die Positionsanzeige ermöglichen das exakte Absetzen eines Maßnahmenpunktes in der Karte. Sachdaten, wie der Abstand der Leitung zur Vegetation, das anzuwendende Arbeitsverfahren und ob eine Freischaltung erforderlich ist, werden erfasst und zunächst lokal gespeichert. Nach der Erfassung eines Abschnitts werden die Daten auf den hauseigenen Server der Syna hochgeladen. „Wir übernehmen die Daten in unsere interne Planauskunft und präsentieren diese tagesaktuell unseren Fachabteilungen zur weiteren Bearbeitung“, beschreibt Völpert. Dies betrifft unter anderem die Planungen für das Freischalten der Freileitungen zum Zeitpunkt der Ausäst-Arbeiten. Im Zuge der Abarbeitung der Maßnahmen werden die Dienstleister die durchgeführten Arbeiten in der App „Vegetation Management“ dokumentieren und die Änderungen wiederum über den Upload zur Verfügung stellen. „Hiermit schaffen wir ein hohes Maß an Transparenz“, so Völpert.
Systemarchitektur
Bei der Entwicklung der App „Vegetation Management“ wurde die Syna von der BARAL Geohaus-Consulting AG, einem Unternehmen der VertiGIS-Gruppe, unterstützt. Ziel war es, den Syna-Workflow mit einer für den Anwender einfach zu bedienenden App zu unterstützen. „Die beim Dienstleister eingesetzten Geräte ließ die Auswahl schnell auf eine ArcGIS Runtime SDK für .net basierende App fallen“, sagt Eva Grosgeorge. Die von Esri bereitge-stellte API ermögliche, so Grosgeorge, mit schlanken Datenformaten Karten schnell offline zur Verfügung zu stellen.
Eine Herausforderung habe darin gelegen, die geforderten Formulardaten in die Kartenapplikation zu integrieren. Dabei bediente sich BARAL des bei Smart-Phone-Apps geläufigen Ansatzes der so genannten „hybrid Apps“. Hybride Apps suggerieren dem Anwender, lokale Apps zu sein, die in Wirklichkeit aber Web Applikationen sind, die in lokale Applikationen eingebunden werden. „Was lag also näher, als das bewährte Produkt Web GEN aus der BARAL-Produktpalette in die Kartenapplikation zu integrieren“, so Grosgeorge. Web GEN ist eine Web Applikation, die Datenbankinhalte über ein parametrierbares Frontend für Anwender zugreifbar und eingebbar macht. Durch diesen Hybrid-Ansatz, der eine native App mit einer Webanwendung in einem lokalen Webserver kombiniert, konnten die Vorteile beider Anwendungen genutzt werden. „So entstand eine passgenaue App, die für den Anwender einfach zu bedienen ist und sich flexibel in den Workflow integriert“, resümiert Grosgeorge. (sg)