Wie können Betriebskosten von Solarparks gesenkt und Sonnenenergie kostengünstiger erzeugt werden? Dieser Frage geht das Projekt VR4PV nach, durchgeführt vom Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP), dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF), der DENKweit GmbH und der Dexor Technology GmbH. Konkret untersuchten sie, wie digitale Zwillinge, neuartige Messmethoden und Maschinelles Lernen die Betriebsführung optimieren kann.
Abweichung von Plan- und Ist-Daten
Um die Leistungsfähigkeit von Solarparks dauerhaft zu sichern, müssen technische Ausfälle reduziert und das Altern der Anlagen verlangsamt werden. Das Monitoring der Anlagen spielt hierbei eine wichtige Rolle. Beim Bau von Großanlagen werden als Initialdaten oftmals – nicht zuletzt aus Kostengründen – die Daten der Bauplanung in das System eingepflegt. Bei der Errichtung entstehende Abweichungen und veränderte Informationen werden gar nicht, nur unvollständig oder falsch abgebildet. Die Folge sind mehr oder weniger gravierende Abweichungen zwischen Plan und realisiertem Bauprojekt.
Im laufenden Betrieb führt dieser ausbleibende Abgleich zwischen Planungs- und Realzustand zu einer verspäteten Identifikation von Schadensfällen und somit zu unnötigen technischen Ausfällen verschiedener Systemkomponenten und schnellerem Altern der Systeme.
Digitaler Zwilling füllt Lücke
Hier setzte das Forschungsprojekt »VR4PV« an. Zusammen mit Industriepartnern entwickelten das Fraunhofer CSP aus Halle (Saale) und das Fraunhofer IFF aus Magdeburg eine virtuelle Umgebung und ein digitales Abbild von Photovoltaik-Systemen zur zukünftigen Analyse, Inspektion und Wartung von Photovoltaik-Parks. Es wurde ein digitales Abbild einer gesamten Solaranlage erstellt, das sowohl den geografischen als auch den elektrischen Kontext der einzelnen Komponenten kombiniert und zudem die Aufzeichnung und Anzeige von Daten und Dateien zu diesen Komponenten ermöglicht.
»Die automatisierte Datenerfassung und -visualisierung von Systemen ermöglicht eine schnellere Erfassung technischer Probleme und Ertragsverluste in Systemen und bildet den Grundstein für die effiziente und zuverlässige Inbetriebnahme, wie auch für die darauf aufbauende Entwicklung von Betriebsführungs- und Wartungsstrategien und den dazugehörenden Servicedienstleistungen«, sagt Dr. Matthias Ebert, Gruppenleiter »PV-Systeme und -Integration« am Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP.
Planungen erfordern Solar-Ausbau
Bis zum Jahr 2035 soll die Stromversorgung nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien erfolgen. Dies hat die Bundesregierung im April 2022 beschlossen. Deckten 2022 fast 2,2 Millionen in Deutschland installierte Photovoltaik-Anlagen mit insgesamt 67,4 Gigawatt 11,6 % des Bruttostromverbrauchs ab, sollen es 2040 mit 400 Gigawatt knapp sechs Mal so viel sein. Dies erfordert einen verstärkten Ausbau der Solarparks.
Im Rahmen des Projektes wurden geeignete bildgebende Verfahren eingesetzt, um die PV-Systeme im Gesamten, wie auch auf Komponentenebene, in Kombination mit der notwendigen Geolokalisierung, zu erfassen. Anhand von Deep Learning-Methoden wurden Datenroutinen zur automatisierten Erfassung und Zuordnung anlagenrelevanter Größen entwickelt und angewendet. Außerdem wurde ein Datenmanagementkonzept zur Strukturierung einer Datenbasis der gewonnenen und modellierten Daten (Gesundheitsakte) auf der Basis von AutomationML entwickelt.
Mit Hilfe von Drohnen- und Detailaufnahmen und einer KI-basierten Auswertung konnte ein digitales Abbild des untersuchten PV-Systems in Form eines 3D-Modells erstellt werden, als Virtual Reality-Anwendung im Elbedome des Fraunhofer IFF. »Damit haben wir die Voraussetzungen für einen Digitalen Zwilling von PV-Systemen geschaffen, dessen Nutzen sich nunmehr in seiner Anwendung im Betrieb und bei Erweiterungen und Umbauten zeigen wird«, so Dr. Frank Ryll, Gruppenleiter »Instandhaltung und Servicemanagement« am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF.
Bündelung von Informationen
Aufgrund der digitalen Struktur konnte der Planungszustand mit dem tatsächlich umgesetzten Ist-Zustand des PV-Systems abgeglichen werden. Dabei wurden Informationen durch die detaillierte Aufnahme und Organisation der digitalen Daten gebündelt und bisher nicht digital zugängliche Informationen beim Errichten und Warten dokumentiert. Dies erlaubt eine kostengünstigere Betriebsführung und senkt die Energieentstehungskosten. Damit sinken die laufenden Kosten für die Stromerzeugung aus Photovoltaik, die Systeme sind weniger störanfällig und damit über längere Zeit effizient.
Das Projekt wurde vom Land Sachsen-Anhalt im Rahmen der EFRE-Strukturförderung unterstützt. Die Projektlaufzeit betrug ein Jahr und ist Teil der regionalen Innovationsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt 2014-2020 im Bereich »Energie, Maschinen- und Anlagenbau, Ressourceneffizienz«.