Drohnen sind in der Bauwirtschaft noch immer nicht die Regel. Die Erfahrungen der ersten Anwender zeigen jedoch, dass Qualitätslösungen sich zunehmend durchsetzen.
Ulrich Strecker, Geschäftsführer von IBS Bauvermessung, ist ein Pionier, was den Einsatz von Drohnen in der Bauwirtschaft angeht. Schon seit mehreren Jahren hat er mit Drohnenbefliegungen viele Erkenntnisse und praktische Erfahrungen in mehreren Bundesländern gesammelt. Es habe sich zwar herumgesprochen, dass Drohnen schnell und kostengünstig Vermessungsdaten liefern, in der Breite und gerade bei kleineren Bauunternehmen sei man sich über die technischen Finessen der Drohnenvermessung allerdings noch nicht vollständig im Klaren. „Wenn man mit Fachleuten aus der Bauwirtschaft spricht, denken die meisten beim Stichwort Drohnen an ‚fliegende‘ 3D-Laserscanner“. So fasst Strecker seine bisherigen Erfahrungen zusammen. Die dreidimensionale Vermessung via Laser sei durchaus bereits bekannt, ebenso die Leistungsfähigkeit von Drohnen. Woran meist jedoch nicht gedacht werde, ist, dass man heutzutage mit Kamerasystemen an Drohnen ebenfalls 3D-Punktwolken generieren kann. Sie liefern die Grundlage für ein vermessungstechnisches, flächendeckendes Aufmaß von Baustellen. Daher verlaufen Gespräche des Vermessungsexperten meist so, dass erstmal die modernen Möglichkeiten der Photogrammetrie erläutert werden müssen. Diese traditionelle Vermessungstechnik stand in der Bauwirtschaft bisher eher im Hintergrund, daher müsse man die Entscheider erstmal auf den neuesten Stand der Technik bringen, so Strecker.
Vertriebsstruktur rund um Trimble-Produkte
IBS Bauvermessungen aus Baden Baden ist eine 100-prozentige Tochter der Sitech Deutschland GmbH, dem exklusiven Vertriebspartner von Trimble in Deutschland für die Bauindustrie, und ist auf die Durchführung von Vermessungsprojekten und 3D-Datenaufbereitung spezialisiert, vor allem in den Bereichen Erd- und Tiefbau. Drohnenbefliegungen spielen eine große Rolle. „In der Regel lassen die Kunden vor der Anschaffung einer eigenen Drohne erst einmal ein Projekt durchführen. Im Weiteren werden wir für Erst-Einweisungen, Schulungen und technischen Support gebucht“, berichtet Strecker. Für Kunden sei es dabei essentiell, dass alles aus einer Hand kommt.
Trimble selbst war bereits sehr früh im Drohnenbereich aktiv und hatte einen Anbieter von Starrflüglern aus Belgien übernommen. Für den Bereich der Multicopter verfolgt das Unternehmen jedoch eine andere Strategie und setzt auf Partnerschaften. So hatte das Unternehmen im Jahr 2016 eine Kooperation mit Microdrones gestartet. Trimble nahm den Hersteller als bevorzugten Anbieter von senkrecht startenden und landenden Drohnensystemen weltweit in sein Vertriebsportfolio auf. Das Besondere dabei: Microdrones entwickelt nicht nur reine Fluggeräte, sondern komplette Vermessungslösungen. Konkret haben die Trimble-Vertriebspartner vor allem mdMapper für die unbemannte Luftbildphotogrammetrie, mdLiDAR für unbemannte Luft-LiDAR-Anwendungen und mdTector zur Methangasdetektion im Angebot. Sitech ist eine reine Handelsorganisation und bietet den kompletten Support für die Trimble-Produkte an, im Fall der Microdrones-Produkte bleiben die Serviceleistungen bei dem Hersteller selbst.
Bisher hat IBS Bauvermessungen verschiedenste Anwendungen durchgeführt beziehungsweise fachlich begleitet. Dazu gehören die Erfassung von Erschließungsgebieten, Urgeländeaufmaße zur Massenkalkulation, die Baufortschrittsdokumentation, die Bestands- dokumentation, Mengenermittlungen für Zwischen- oder Abschlagrechnungen, Inventurvermessung von Lagerstätten, Datenerhebung für die Produktionsplanung bei Gewinnungsbetrieben, die Mengenermittlung als Grundlage zur Leistungsmeldung oder auch die Baustellenvisualisierung zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit sowie als Variantenvergleich mit dem Bauherrn. Die Aufmerksamkeit der Baufirmen gegenüber der Vermessung aus der Luft hat zwar zugenommen, eine auf den Teilbereich spezialisierte Abteilung gibt es bei Sitech jedoch noch nicht. „Dafür ist es noch zu früh, aber wenn die Entwicklung so weiter geht, wird das sicher kommen“, sagt Bernhard Linßen, Gebietsverkaufsleiter bei Sitech. Viele Unternehmen starten auch mit einer preiswerten Lösung, davon gebe es aber einen signifikant hohen Anteil, der auf die Speziallösungen von Microdrones umstellt.
Zwei Gruppen der Early Adaptor
Linßen beschreibt zwei wesentliche Gruppen, die den Drohneneinsatz in der Bauwirtschaft adaptieren. Einmal die Vermessungsabteilung der großen Bauunternehmen. Diese waren früh neugierig und haben mit wissenschaftlichem Ansatz untersucht, welche Potenziale die Drohne für die Praxis bietet. Zum anderen die privatwirtschaftlich geführten Mittelständer. „Hier fiel der spezielle Reiz der Drohnen auf fruchtbaren Boden, für technikaffine Geschäftsführer war das einfach cool“, beschreibt Linßen. Inzwischen kulminieren die Trends in der Praxis: „Die frühen Adaptoren lernen, wie man mit den Drohnen auch ingenieurtechnisch Mehrwerte generiert, die Vermesser haben begonnen, die theoretischen Konzepte in der Praxis einzusetzen“, so der Vermessungsingenieur.
Die Anwender erkennen nicht nur die Vorteile der Technologie selbst. „Sie lernen auch die Einschätzung dessen, was die Qualität einer Drohnenlösung ausmacht“, so Linßen. Bei der Microdrones-Lösung sei dies zum Beispiel die größere Kamera (aufgrund der höheren Payload) und dementsprechend der bessere Kamerasensor. Dies ermöglicht es zum Beispiel, eine höhere Flughöhe zu wählen und liefere trotzdem noch eine bessere Datenqualität. So entsteht eine höhere Flächenproduktivität, was die Kosten für die Befliegung erheblich senken kann. Dazu kommt die hohe Flugstabilität der MD-Produktfamilie und die langen Flugzeiten: „Auch mit der schweren Vollformatkamera als Sensor sind 40 Minuten Flugzeit möglich, bei anderen Modellen kommt man oft nicht über 10 Minuten hinaus“, so Strecker. „Wir können einfach belegen, dass die Drohnenlösung mit den höheren Anschaffungskosten insgesamt die günstigere und wirtschaftlichere Lö- sung darstellt“, so Linßen. Was in der Vermessung natürlich zählt, ist die Genauigkeit. „Wir arbeiten ja mit verschiedenen Drohnensystemen, die Microdrones-Lösungen stellen da definitiv die Spitze des derzeit technisch Machbaren dar“, so Strecker.
Das zeige auch die im letzten Jahr vorgestellte Laser-basierte Lösung mdLiDAR von Microdrones, die bereits von den großen Baufirmen eingesetzt wird. „Das Thema wird sich sicher in der gesamten Branche durchsetzen“, so Linßen. Den Vorteil der Scanner sehen die Experten noch nicht einmal in der höheren Genauigkeit der Ergebnisse. Die ist ähnlich gut wie bei den photogrammetrischen Aufnahmen, auch bei den Höhenwerten, so Strecker. Aber der Scanner liefert in bewachsenen Gebieten, etwa im Vegetationsbereich oder bei Aufnahmen mit starker Verbauung, gute Ergebnisse – also überall dort, wo es mit der Kamera schwierig ist, den gleichen Punkt aus verschiedenen Blickwinkeln aufzunehmen. Auch benötigt der Laser im Gegensatz zur Kamera keine Überlappung bei den Aufnahmen, sprich die Flächenproduktivität ist nochmals deutlich höher, was gerade bei linienförmigen Infrastrukturen eine herausragende Rolle spielt. „In Zukunft werden wir sicher Drohnen in der Bauindustrie haben, bei denen beide Sensoren integriert sind“, ist Linßen überzeugt.
Weiteres brennendes Thema in der Bauwirtschaft ist das Thema Flug außerhalb der Sichtweite (BVLOS, Beyond visual line of sight). Heute ist dies nur mit hohen Genehmigungshürden realisierbar, aber die Anwendungen im Straßen- und Verkehrswegebau sind typische Einsatzfälle, wo lange Flüge über mehrere Kilometer Vorteile bieten. In diesem Bereich ist Microdrones heute schon im Rahmen von Forschungsprojekten mit der Deutschen Telekom und der Deutschen Flugsicherung entwicklungstechnisch sehr aktiv. „Wenn das Thema kommt, wird Microdrones seinen technologischen Vorsprung noch weiter ausbauen können“, ist Linßen überzeugt. (sg)