Das Fraunhofer IWES in Kassel hat zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst DWD in Offenbach im Projekt EWeLiNE mathematische Modelle entwickelt, mit denen sich der eigespeiste Strom von Windrädern und Photovoltaikanlagen besser vorhersagen lassen soll.
Jetzt haben die Partner das vom BMWi geförderte und seit Ende 2012 laufende Projekt erfolgreich abgeschlossen. Über eine Demonstrationsplattform mit einer interaktiven, räumlich hoch aufgelösten Karte können die Netzbetreiber die neuen Prognosemodelle bereits in der Praxis erproben. Die Übernahme in den dauerhaften Onlinebetrieb soll schrittweise in den nächsten Monaten erfolgen.
Ein zentraler Ansatzpunkt des EWeLiNE-Projekts war die Anpassung der Wettermodelle an die spezifischen Anforderungen und Bedingungen der erneuerbaren Energien. So ermöglichen die Modelle jetzt zum Beispiel exakte Vorhersagen der Windverhältnisse in Höhe der Windrad-Naben. Vor allem den Tagesgang konnten die Wissenschaftler deutlich verbessern. Bei der Photovoltaik soll sich nun die Hochnebelkonzentration genauer vorhersagen lassen. Dies ist vorteilhaft für die Netzbetreiber, da schon kleine Änderungen der Nebeldichte große Auswirkungen auf den Ertrag der Anlagen haben. Darüber hinaus liefern die Modelle auch eine Risikokarte für das Auftreten von Hochnebel. Hinzu kommt eine höhere zeitliche Auflösung der Vorhersagen: Strahlungsdaten werden jetzt im 15-Minuten-Rhythmus berechnet, sodass die Prognosen einen schnellen Wechsel der Bewölkung berücksichtigen.
Neben den Wettermodellen haben die Forscher auch die Leistungsprognosen für Windenergie- und Solaranlagen weiterentwickelt, unter anderem durch eine höhere räumliche Auflösung bei der Photovoltaik. Die neuen Modelle verwenden selbstlernende Algorithmen, die Echtzeit- und historische Daten verbinden, um die Vorhersagen zu verbessern. Im Zusammenspiel mit den Wetterprognosen sollen die Netzbetreiber so wertvolle Informationen für die Steuerung der Netze sowie den Stromhandel gewinnen.
Mit den neuen Wetter- und Leistungsmodellen sollen die Anwender auch in der Lage sein, probabilistische Prognosen vorzunehmen: Statt pauschal eine eingespeiste Leistung für einen bestimmten Zeitpunkt vorherzusagen, können sie Wahrscheinlichkeiten ermitteln. Zum Beispiel, dass die Windleistung mit 80 Prozent Wahrscheinlichkeit unter 500 Megawatt und mit 15 Prozent Wahrscheinlichkeit unter 200 Megawatt liegt. Dies sei ein Mehrwert für die Netzbetreiber, da die probabilistischen Prognosen Unsicherheiten abbilden. Die Unternehmen sollen so besser abschätzen können, ob sie einen Puffer brauchen, um das Netz stabil zu halten. Und auch für die Vermarktung von Strom sei die Angabe von Wahrscheinlichkeiten ein Vorteil, so Projektleiter Dr. Malte Siefert.
Nach dem Abschluss von EWeLiNE wollen die Partner ihre Entwicklungsarbeit in dem Folgeprojekt „Gridcast” fortsetzen. Neben den Wetterdaten sollen dabei auch weitere Informationen wie etwa Satellitenbilder für die Solarprognosen integriert werden. Darüber hinaus wollen die Forscher untersuchen, wie sich die Abweichung zwischen der möglichen Erzeugung einerseits und der realen Einspeisung andererseits in die Prognosen integrieren lässt. An diesem Projekt sind unter anderem IWES, DWD und der Windenergieanlagenhersteller Enercon beteiligt.