Die StädteRegion Aachen hat mit ESKAPE ein Projekt für Kommunalverwaltungen gestartet, in dessen Rahmen ein Klima-Informationssystem aufgebaut werden soll.
Das ESKAPE-Projekt der StädteRegion Aachen hat zum Ziel, ein Klimainformationssystem aufzubauen, mit dem die Daten- und Informationslage zur Klimawandel-Betroffenheit verbessert werden kann. ESKAPE steht für Entwicklung StädteRegionaler KlimaAnpassungsProzessE. Hintergrund und Motivation des Projekts ist das „Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden“, eine Novelle des BauGB, die im Juli 2011 in Kraft getreten ist, sowie das Klimaschutzgesetz NRW. Demnach sind Kommunen, insbesondere die planende Verwaltung und die Entscheidungsträger, angehalten, den Klimawandel bei der Stadtentwicklung und Bauplanung stärker zu berücksichtigen. Laut Novelle sollen die Bauleitpläne dazu beitragen, „eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und das Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.“
Ungewohntes Terrain für Kommunen
Viele Kommunen stehen den immer neuen und stetig wachsenden Anforderungen, die in diesem Zusammenhang auf sie zukommen, allerdings eher abwartend gegenüber. „Der Umgang mit digitalen Geodaten und Datenbanken war für viele Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung nicht Teil der Ausbildung. Das heißt, es fehlt teilweise an fachlicher Kompetenz. Diese kann aber zum Beispiel in Fortbildungen gewonnen werden. Im Rahmen des Projekts geben wir auch hier Anregungen“, erklärt Alice Neht, die seit Anfang des Jahes als wissenschaftliche Mitarbeiterin das Projekt betreut. Hinzu komme, dass es vielerorts an kleinräumigen Prognosen und Informationen über wirkungsvolle Maßnahmen fehle. „Oftmals stehen nicht ausreichend Daten zum Thema Klima zur Verfügung“, so Alice Neht. Im Rahmen des ESKAPE Projekts sollen deshalb zunächst Datengrundlagen für die Kommunen in der StädteRegion Aachen erstellt und verfügbar gemacht werden. Am Ende soll dabei ein im Internet verfügbares, überregional anwendbares Tool entstehen, mit dem Akteure der Stadtplanung jene erforderlichen Maßnahmen identifizieren und steuern können, die bei der Klimaanpassung in der Bauleitung berücksichtigt werden müssen.
Zu Beginn des Projekts wurde im September 2015 ein mehrjähriger Prozess angestoßen, in dem der gemeinsame Bedarf definiert, Erkenntnisse und Daten analysiert sowie eine städteregionsweite abgestimmte Vorgehensweise vereinbart werden sollte. Diese Phase wird als Prozess der Wissensgenerierung- und implementierung definiert und von der StädteRegion Aachen moderiert und implementiert. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt über den gesamten Zeitraum von den Instituten der RWTH Aachen. Kernanliegen des Vorhabens ist weiterhin die Kompetenz- und Netzwerkbildung auf der Ebene der Sachbearbeiter in den Kommunalverwaltungen. Hierzu werden regelmäßige Workshops für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Planungs- und/oder Umweltämter der städteregionsangehörigen Kommunen angeboten, welche als Erfahrungsaustausch und Ideeninput dienen. „Wir arbeiten dabei sehr eng mit den Kommunen zusammen und haben bereits einige Informationsveranstaltungen zu diesem Projekt organisiert“, berichtet Alice Neht.
Klimawandel im Hinterkopf
Parallel dazu wird für den Gesamtraum der StädteRegion Aachen die Klimawandel-Betroffenheit untersucht. Dazu werden zunächst Modellierungen und GIS-Analysen in der StädteRegion bezüglich thermischer Belastung, Starkregen und Wind durchgeführt und Karten erstellt, die die IST-Situation und ein mögliches Entwicklungsszenario aufzeigen. Darüber hinaus werden sozioökonomische Daten zur Abbildung von Sensitivitäten erarbeitet. Beide Schritte sollen dann zu Darstellungen der Klimawandel-Betroffenheit zusammengeführt werden, um sie anschließend im Datenbanksystem der StädteRegion dauerhaft für die Kommunen und weitere Nutzer bereit zu halten. Des Weitern sollen geeignete Verfahren und Instrumente zur Identifizierung des Handlungsbedarfs zu einer angemessenen Berücksichtigung des Klimawandels in der Bauleitplanung entwickelt werden.
„Aktuell arbeiten wir daran, dass alle relevanten Projektpartner einen Zugang zur Datenbank inkasPortal erhalten. Herausforderungen sind hierbei technische Voraussetzung bezüglich der Sicherheitsstandards und der Integration von Daten durch Dritte (in diesem Falle durch die Institute ISB und PGK der RWTH)“, erläutert Alice Neht. Dabei soll gemeinsam mit den Akteuren eine praxistaugliche Empfehlung für eine Klimafolgenprüfung in der Bauleitplanung erarbeitet und modellhaft umgesetzt werden. „Wir möchten den Verfahrensvorschlag gemeinsam mit den Kommunen anhand konkreter Bauleitplan-Verfahren entwickeln und anschließend allgemeine Verfahrensempfehlungen für nachfolgende Vorhaben dokumentieren“, erklärt Alice Neht. „Am Ende haben die Kommunen dann verschiedene Möglichkeiten mit den Ergebnissen umzugehen. Natürlich können sie unsere Empfehlungen einfach hinnehmen oder aber sie verpflichten sich freiwillig, diesen Maßnahmen nachzukommen. In einem optimalen Szenario könnte es sogar einen Ratsbeschluss geben, der dann als Maßgabe für die Verwaltung genutzt wird.“
Motivation und Skepsis
Die Kommunen beteiligen sich mit großem Interesse und hoher Motivation. Die Rezeption des Projekts hänge aber in erster Linie von der Betroffenheit der einzelnen Kommunen ab. „Die Städte Aachen und Alsdorf zeigen sich besonders engagiert. Das liegt vor allem daran, dass Aachen als große Stadt in Kessellage natürlich wesentlich stärker von Luftbelastung und Hochwasser betroffen ist, als kleine, ländliche Kommunen mit wenig Verkehr und vielen Retentionsflächen“, erklärt Neht. Ob es nach Beendigung des Projekts 2018 eine Fortsetzung geben wird, stehe noch nicht fest. Die Wissenschaftler schauen aber bereits in die Nachbarländer im Dreiländereck. „Zur Zeit arbeiten wir daran, die trinationale Zusammenarbeit für die Klimaanpassung zu stärken. Hierbei geht es zunächst darum Kontakte zu finden, Netzwerke zu schaffen und den Austausch zu fördern, um voneinander zu lernen. Eine digitalvernetzte Lösung, wie sie jetzt für die StädteRegion etabliert wird, ist noch nicht angedacht, könnte aber eine interessante Perspektive für die Zukunft darstellen.“
Das Projekt ist 2015 gestartet und soll drei Jahre laufen. Mit 220.000 Euro wird ESKAPE vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Förderkennzeichen 03DAS048) unterstützt. Hierbei wird es zu den Vorhaben unter Förderschwerpunkt 3: Kommunale Leuchtturmvorhaben sowie Aufbau von lokalen und regionalen Kooperationen gezählt. Projektpartner sind das Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr (ISB) als Koordinator, das Lehr- und Forschungsgebiet Physische Geographie und Klimatologie (PGK) am Geographischen Institut der RWTH Aachen, die StädteRegion Aachen und der Wasserverband Eifel-Ruhr (WVER) als Praxispartner.
GIS-Strategie in der StädteRegion Aachen
Ende 2015 hat die Bürgermeisterkonferenz die StädteRegion Aachen dazu beauftragt, einen Arbeitskreis zu bilden, der die Grundsätze der Zusammenarbeit von StädteRegion Aachen sowie den städteregionsangehörigen Städten und Gemeinden beim Aufbau einer Geodateninfrastruktur für die Städteregion Aachen (GDI-SRAC) entwickeln soll. Die folgenden Informationen stammen aus dem Abschlussbericht des Arbeitskreises „GIS-Strategie in der StädteRegion Aachen“. Durch den koordinierten Aufbau einer Geodateninfrastruktur (GDI) in der Städteregion Aachen soll der fachübergreifende Zugang zu allen verfügbaren Geodaten, welche ansonsten getrennt bei den einzelnen Kommunen vorgehalten werden, ermöglicht werden.
Die Kosten für die Infrastruktur sind im Produktpreis der regio iT enthalten. Verteilungsschlüssel zwischen den Kommunen ist dabei die Einwohnerzahl. Eine GDI besteht aus Geodaten, die auf Geodatenservern abgelegt sind, Geodiensten, die den Zugriff und die Bearbeitung der Geodaten ermöglichen,und Geoportalen, worüber die Daten veröffentlicht werden. In Geodatenkatalogen werden Metadaten als Informationen über die verfügbaren Geodaten bereitgestellt. Darüber hinaus soll ein einheitliches Geoinformationssystem anvisiert werden, das den Ansprüchen an Flexibilität, hoher Performance und moderner Technik genügt. Um die Belange von Datenschutz und Datensicherheit zu berücksichtigen, wurde das Projekt im Arbeitskreis der Informationssicherheitsund Datenschutzbeauftragten (AK ISDA) vorgestellt. Alle städteregionsangehörige Städte und Gemeinden und die StädteRegion Aachen sind im Arbeitskreis vertreten.
Die StädteRegion Aachen und die Kommunen bleiben Eigentümer ihrer Daten und können sie nur eigenverantwortlich aktualisieren und verändern. Die Daten werden für jeden Eigentümer separat mit eigenen Rechten auf einem Datenbankschema gehalten. Ein gegenseitiger Zugriff ist direkt nicht möglich. Bereits seit Anfang 2015 hat die Städte- Region Aachen das Produkt „inkasPortal“ für öffentliche und geschützte Ansichten im Einsatz. Fast alle Kommunen der Region haben zugestimmt, das Produkt zum 1. Januar 2017 ebenfalls für den Einsatz zu etablieren.