2010 gegründet führte die Airborne HydroMapping GmbH die laserbasierte Gewässervermessung in den Markt ein. Nun hat das Unternehmen mit einer neuen Auswertemethode das nächste Level für die Kombination aus Flachwasser-Bathymetrie und Topographie erreicht.
Kooperation mit RIEGL LMS
„10 Jahre AHM bedeuten ebenfalls eine vertrauensvolle Kooperation mit RIEGL LMS, die über den technischen Support bei Messkampagnen weit hinausgeht“, so Steinbacher. AHM ist seit 2011 regelmäßiger Mitausteller am Messestand von RIEGL auf der Intergeo und pflegt eine enge Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung im Bereich des topo-bathymetrischen Laserscannings, die mit der FFG-geförderten Sensorentwicklung 2007 begann. Seitdem arbeiten die Unternehmen immer wieder bei Forschungsprojekten zusammen, etwa in den Jahren 2014 bis 2016 bei dem ebenfalls FFG-geförderten Projekt Alpine Airborne Hydro Mapping, bei dem alpine Flüsse untersucht wurden. Dabei geht es immer wieder darum, den gesamten Workflow der Datenverarbeitung zu verbessern und so sowohl bei Hardware als auch Software die bestehenden Potenziale zu heben. „Das Potenzial der FWF-basierten Datenanalyse schafft enorm viele Perspektiven für Forschung und Anwendung“ ist Steinbacher überzeugt. So sei eine grüne Zukunft mit Unterstützung der Blue Economy möglich. (sg)
Wer eine Marktlücke findet, der hat eine gute Chance darauf, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Was wie eine Binse klingt, ist für Technologieunternehmen eine entscheidende, aber herausfordernde Aufgabe: Es gilt, die Technologieentwicklung auf breiter Ebene im Blick zu haben und die besagte Lücke genau zu identifizieren. Genau dies gelang dem österreichischen Unternehmen Airborne HydroMapping (AHM) GmbH im Jahr 2010. Die Lücke bestand damals in der Flachwasserbathymetrie. Während bei Wassertiefen über 20 Metern das Echolot das Messmittel der Wahl war, konnten geringere Tiefen an Küsten und in Binnengewässern nur händisch gemessen werden. Eine systematische, flächendeckende Vermessung war damals nicht möglich. Zu Lande kannte man zwar bereit das Airborne Laserscanning (ALS), doch die damaligen Laser waren nicht in der Lage, Wasser zu durchdringen.
Pionierarbeit in Innsbruck
Die Wurzeln der Idee liegen bereits im Jahr 2007. Damals startete die Universität Innsbruck, Arbeitsbereich Wasserbau, ein Forschungsprojekt zusammen mit den Lasermesstechnik-Experten RIEGL LMS in den Laboren des Wasserbauinstituts. Mit dabei war Frank Steinbacher, damals noch als Student: „Zunächst ging es noch darum, den Laser für den Blick unter Wasser zu entwickeln“, so der heutige AHM-Geschäftsführer. Auf Grundlage dieser Idee wurde der RIEGL VQ-820 G entwickelt, ein Laser, der auf einem grünem – und nicht wie bis dahin üblich auf einem rotem – Laser basierte und so Wasser bis knapp unterhalb der Sichttiefe durchdringen konnte.
So entwickelte AHM erstmals das luftgestützte topo-bathymetrische Laserscanning zur Erhebung hochaufgelöster 3D-Gewässerdaten an Flüssen, Seen oder Küsten einschließlich dem angrenzenden Land-, Küsten- oder Ufergebiet. Die Datenlücke zwischen Echolot für die tieferen Gewässerbereiche und dem klassischem topographischen ALS wurde also geschlossen. Erstmals wurden großflächige 3D-Modelle von Gewässersohlen erstellt, die zum Beispiel für hydraulische Modellierung, Hochwassersimulationen und vielerlei Forschungsfragen genutzt werden konnten. Zuvor gab es nur Querprofile in größeren Abständen, die für solche Aufgaben interpoliert wurden.
Die Entwicklung schreitet voran
AHM wurde dann 2010 gegründet, der VQ 820 G erstmals 2011 auf der Intergeo in Nürnberg offiziell am Stand von RIEGL vorgestellt. Die Technologie wurde durch RIEGL LMS in den letzten zehn Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Mit dem VQ-880-NG als Nachfolger (2015) wurde nicht nur die Messrate von 245 kHz auf 550 kHz erhöht, sondern die sogenannte Full Waveform (FWF) wird standardmäßig für jeden Laserpuls aufgezeichnet. FWF heißt, dass der Sensor das komplette reflektierte Signal des Laserpulses in seinem zeitlichen Verlauf innerhalb einer Wellenform speichert.
Zuvor hat der Laserscanner dies vereinheitlicht und in Form eines Messpunktes gespeichert, um so die Rechen- und Speicherkapazität des Lasers nicht zu überlasten. Dieses Verfahren wird Online Waveform Processing (OWP) genannt und erzeugt eine fertige Punktwolke direkt im Laser. Beim VQ-820 G wurde nur bei jedem vierten Puls die volle Wellenform gespeichert.
„In den letzten Jahren hat sich deutlich gezeigt, dass in der FWF ein wesentlicher Mehrwert für die Datenauswertung steckt“, sagt Dr. Ramona Baran, Projektleiterin bei AHM. Das zeigt sich zum einen bei der Eindringtiefe des Lasers ins Wasser und demnach bei der Messtiefe. Mit FWF wird die Eindringtiefe von nominell 1.5x auf bis zu 2,5x Secchi verbessert. Mit der Einheit Secchi wird die Sichttiefe von Gewässern erfasst – der neue Laser kann also 2,5fach tiefer Messen als das menschliche Auge sehen kann. „In Flüssen wie dem Rhein erreicht man so eine Messtiefe von bis zu drei Metern“, sagt Baran. In klaren Gewässern wie etwa an der Grönlandküste, wo AHM bereits Projekte realisiert hat, sind es bis zu 15 Meter.
Da Flüsse und Seen im Winter weniger organische Substanzen enthalten und so mehr Sichttiefe haben, erstreckt sich die Befliegungssaison in der Regel über die Wintermonate, wo auch die nahe Vegetation geringer ausfällt.
Aber nicht nur die Messtiefe wird mit FWF besser. Im Vergleich zur OWP-Punktwolke erzielt AHM auch eine deutlich bessere räumliche Abdeckung. Die Punktwolke wird dichter, fehlerfreier und genauer. Das gilt für die Gewässersohle, aber auch für die Geländeabdeckung, etwa, wenn dichte Vegetation in Ufer- und Küstenzonen erfasst wird. „Über die FWF kann zum Beispiel auch die Trübung des Gewässers quantitativ parametrisiert werden, da Licht in trübem Wasser stärker gedämpft wird als in klarem Wasser“, so Baran.
In diesem Jahr hatte AHM ein Projekt durchgeführt, in dem der Mehrwert der FWF-Erfassung und -Auswertung gegenüber konventionellen, bathymetrischen Ansätzen systematisch belegt wurde. „Damit werden Auswertungen für Schifffahrt, Küstenschutz und Aquakultur in den Flachwasserbereichen besser und belastbarer“, sagt Steinbacher.
Spezielle Aufgaben für die Software HydroVISH
AHM hat ein eigenes Flugzeug (Tecnam P2012 Traveller) mit ausgestattetem Sensorsystem und realisiert Projekte in ganz Europa (und auch darüber hinaus). Bisher wurden über 6.000 Kilometer Fluss- Seeufer- bzw. Küstenlinie erfasst. Die Flughöhe beträgt in der Regel rund 400 Meter, die Messstreifenbreite ungefähr 350 Meter. Für die Befliegung der Elbe etwa werden so vier Flugstreifen benötigt.
Neben der Erhebung der topo-bathymetrischer LiDAR-Daten liegt der Schwerpunkt vor allem auf der Prozessierung, Analyse, Auswertung bis hin zur Modellierung und Verschneidung mit weiteren Datensätzen.
Hintergrund ist, dass Topo-bathymetrische Daten komplex sind. Zum einen entstehen zwei Datensätze, einerseits die 3D-Punktwolke der OWP-Verarbeitung und zum anderen die zeitlichen Amplitudenverläufe der FWF als Rohdaten. Diese sind sehr voluminös. Für die Befliegung der Elbe in Deutschland mit 600 Kilometern Länge generierte AHM zum Beispiel 5.5 Terabyte Daten. „Bisherige Softwarelösungen stoßen hierbei an ihre Prozessierungsgrenzen oder führen zu einer Zergliederung der Daten“, so Baran.
Die Anforderung an sensor-unabhängige Softwarelösungen zur flexiblen Datenprozessierung und -analyse stelle hier einen Schlüssel zum Erfolg dar. Eine Reihe weiterer Parameter müssten, so Baran, berücksichtigt werden, um Ergebnisse (semi)-automatisierter Analysen der Punktwolken und FWFs zu verbessern. Dazu gehören etwa RGB-Werte aus Luftbildern, räumliche Informationen zu Sediment- und Bodentyp, Gewässersohldaten aus Echolotungen und viele andere.
Bereits in dem Innsbrucker Forschungsprojekt wurde die Entwicklung von HydroVISH begonnen. Die AHM-Softwarelösung verarbeitet die Daten unabhängig von Datenformat und Menge an Datenattributen. Für die durchgehende Datenspeicherung wird ein HDF5-basiertes Datenformat aus dem Bereich des High Performance Computing verwendet, dass verschiedenste raumzeitliche Parameter in einem einheitlichen Datenmodell ermöglicht. So können beispielsweise Punktwolken, Netze, Bilder und Linien in der gleichen Datei zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Koordinatensystemen abgespeichert werden. Zudem ist es, so Baran, zugleich offen, flexibel und effizient.
Der HydroVISH-Ansatz erlaubt also den Aufbau einer durchgehenden Pipeline zur Datenprozessierung vom Originaldatensatz direkt nach der Befliegung über die klassifizierte und refraktierte Punktwolke bis zum daraus abgeleiteten hydraulischen Modell mit den wesentlichen Prozessierungsschritten zu FWF-Auswertung, Streifenabgleich, Klassifizierung, Refraktion, Modellierung und zur Qualitätskontrolle. „Zudem kann die Urache für aufgetretene Fehler durch Rückverfolgung der Arbeitsschritte einfacher gefunden und korrigiert werden“, so Baran. (sg)