In vielen Kommunen gibt es nach wie vor keine klaren Prozesse in der Leitungsauskunft. Mit der Bauwirtschaft Baden-Württemberg meldet sich nun ein Verband von Baugewerbe und Bauindustrie zu Wort – und fordert von allen Beteiligten die Einhaltung von Präventionsmaßnahmen.
Zwar kann die Leitungsauskunft in den letzten Jahren Fortschritte für sich verbuchen. Das Thema rund um die Auskunftssicherheit von Versorgungsleitungen scheint bei vielen Menschen immer stärker auf der Agenda zu stehen. Zahlen des bundesweiten Informationssystems zur Leitungsauskunft (BIL) belegen das. Dennoch gibt es in vielen Kommunen nach wie vor keine klar definierten Prozesse in der Leitungsauskunft. Wird eine Leitung im Zuge von Sanierungsarbeiten oder anderen Baumaßnahmen geschädigt, gelten oftmals die ausführenden Unternehmen als die alleinigen Schuldigen. Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg, ein Verband, der Baugewerbe und Bauindustrie vertritt, kritisiert dieses Vorgehen und fordert, dass alle am Prozess Beteiligten notwendige Präventionsmaßnahmen gleichermaßen verfolgen und einhalten.
Kosten in Millionenhöhe
Die versehentliche Beschädigung von Leitungsnetzen im Boden verursacht nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft bundesweit jährlich Kosten in Millionenhöhe. Jedes Jahr werden den Sachversicherungen demnach ca. 100.000 Schadensfälle gemeldet, für die Entschädigungen in Höhe von rund 500 Mio. Euro geleistet werden müssen. Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg geht allerdings von wesentlich mehr Schadensfällen und damit noch höheren Kosten aus. Hinzu kommen wirtschaftliche Einbußen für Unternehmen, die auf Energieversorgung und Kommunikationswege angewiesen sind. Außerdem können solche Vorfälle auch Personenschäden mit entsprechenden Folgekosten nach sich ziehen, etwa wenn Bauarbeiter bei Baggerunfällen verletzt werden. Ein schwer kalkulierbares Risiko also, das möglichst vermieden werden sollte – am besten durch Prävention.
Wesentliche Voraussetzung zur Schadensvermeidung ist laut Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, eine möglichst frühzeitige, vollständige und vor allem detaillierte Information der Baufirmen über sämtliche vor Ort vorhandenen Leitungen. Doch genau hier hakt es: Viele Kommunen hätten schlichtweg keinen Überblick, welche Leitungen in ihrem Gemeindegebiet wo genau verlegt sind. „Leider gibt es bis heute keine zentrale Koordinierungsstelle für Leitungsauskünfte, die das gesamte Netzwerk in Baden-Württemberg abdeckt. Unsere Betriebe müssen deshalb meist selbst im Vorfeld von Baumaßnahmen mühsam die wichtigsten Daten bei der zuständigen Kommune oder den einzelnen Versorgern einholen. Oftmals sind die Angaben, die sie zur Lage der Abwasser- und Versorgungsleitungen bekommen, zudem noch ungenau oder unvollständig. Es fehlen z.B. weiterführende Hinweise zur Tiefenlage von Kabeln und Rohren oder zu bekannten Hindernissen im Boden. So kann man als Baufirma nicht sicher arbeiten“, beklagt Thomas Möller. Letztlich fühle sich aber keiner für das Netzwerkchaos im Boden zuständig. Sinnvoll wäre es, wenn man alle Netze über ein zentrales Online-Verzeichnis erfassen und auf Knopfdruck abrufen könnte. „Was wir dringend brauchen, ist ein digitaler Masterplan für sämtliche Leitungsnetzwerke im Land.“
Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg fordert daher, dass sich Kommunen und Versorgungsunternehmen künftig gleichermaßen an Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Leitungsschäden beteiligen. Dringend erforderlich wäre zudem eine gesetzliche Auskunftspflicht für Leitungsbetreiber gegenüber den ausführenden Tiefbaufirmen, in der die Netzbetreiber für die Richtigkeit ihrer erteilten Auskünfte einstehen. (jr)