Der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) hat das finnische Unternehmen Arctia-Meritaito mit der Erfassung der Sylter Küstenregion beauftragt – mit einer innovativen Methode. Doch warum kamen nicht die traditionellen Vermessungsschiffe zum Einsatz?
Starke Strömungen, häufige Seestürme, hohe Wellen – Bewohner und Besucher der deutschen Nordsee-Insel Sylt werden das kennen. Zur Folge haben diese Naturspektakel, dass die Insel immer wieder neu geformt wird – trotz anhaltender Versuche, die Erosion entlang der Sandstrände zu verringern. Um effektive Methoden zum Erhalt der Küsten zu finden, hat der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) mit verschiedenen Technologien experimentiert. Nach mehreren Tests wurde entschieden, den Küstenbereich nicht mit traditionellen Methoden von Vermessungsschiffen durchzuführen, sondern mit Laseraufnahmen aus Flugzeugen zu arbeiten – der sogenannten „Airborne Bathymetry”. Denn: Die Vermessung mit Schiffen ist einerseits zeitaufwendig. Andererseits stellt ein Unterwasserriff bei Sylt eine Gefahr für Schiffe und Ausrüstung dar.
Im Jahr 2020 beauftragte das LKN.SH schließlich das finnische Unternehmen Arctia-Meritaito mit der Vermessung von Sylt mit dem luftgestützten bathymetrischen LiDAR-Scanner Chiroptera 4X von Leica Geosystems. Im Ergebnis entstanden Punktwolken mit Klassifizierungen und Orthofotos. Die Höhengenauigkeit dabei musste besser als 20 Zentimeter und die Lagegenauigkeit besser als 50 Zentimeter sein.
Neue Wege
Zwar untersucht auch Arctia-Meritaito geringere Tiefen traditionell mit einem schiffsgestützten Einstrahl-Echolot, das von einem Vermessungsschiff gesteuert wird. Die daraus resultierenden Tiefenprofile in definierten Intervallabständen hatten jedoch erhebliche Datenlücken. Fächerecholote lösen dieses Problem, sind aber in flachen Gewässern nur bedingt effizient. Um diese Probleme zu überwinden, sich den veränderten Anforderungen in der Branche anzupassen und technologisch auf dem neusten Stand zu bleiben, setzt das finnische Unternehmen bei der Vermessung von Sylt auf den luftgestützten Laserscanner von Leica Geosystems. „Der Leica Chiroptera 4X lieferte die vielversprechendsten Ergebnisse“, betont Mikka Ojala, Leiter der luftgestützten LiDAR-Bathymetrie bei Arctia-Meritaito. „Mit luftgestütztem LiDAR erhalten wir eine vollständige Abdeckung in flachen Gewässern mit einer Eindringtiefe
von bis zu 25 Metern – natürlich abhängig von den Bedingungen – und minimieren gleichzeitig das Risiko, Sensoren zu verlieren. Und wir können Land und Meeresboden in einer einzigen Vermessung erfassen.“
Dennoch bringt auch die luftgestützte Bathymetrie in diesem Zusammenhang einige Hürden mit sich, die übersprungen werden wollen. So ist es entscheidend, den gesamten Projektbereich so schnell wie möglich abzudecken, da sich Wetter- und Wasserbedingungen schnell ändern können. „Das Timing ist entscheidend für die Erfassung sauberer bathymetrischer Datensätze aus der Luft, die schnell verarbeitet werden können“, erklärt Ojala, der ausführt: „Das Material des Meeresbodens aus feinem Sand ist immer in Bewegung. Überlappende Daten des sich ständig veränderten Meeresbodens stimmen in der Folge nicht überein, wenn sie im Abstand von Tagen erfasst werden.“ Zudem dauere die Verarbeitung länger, je größer der zeitliche Abstand zwischen den Messungen ist.
Aus diesem Grund entschied sich Arctia-Meritaito für den Einsatz des Leica Chiroptera 4X. Der Scanner erfasst gleichzeitig bis zu 140.000 Punkte pro Sekunde im bathymetrischen Kanal und sogar bis zu 500.000 pps im topographischen Kanal. In zwei Tagen, innerhalb von insgesamt fünf Flugstunden, erfasste Arctia-Meritaito so rund 70 Quadratkilometer.
Ein Punkt, zwei Datensätze
Dabei erfasst das elliptische Scanmuster des Chiroptera 4X sowohl eine Vorwärts- als auch eine Rückwärtsansicht und liefert so zwei Datensätze desselben Punktes. Das reduziert einerseits das Rauschen aufgrund von Wellen, andererseits erhöht es die Tiefenwirkung. Unter idealen Bedingungen kann der Chiroptera 4X bis zu 30 Meter tief eindringen. Darüber hinaus erfasst die Schrägansicht des Laserstrahls Daten von vertikalen Objekten. Im Sylt-Projekt konnte Arctia-Meritaito so trotz Trübung und Wellen alle Projektanforderungen erfüllen.
Das Prozessierungs-Setup von Arctia-Meritaito für die Nachbearbeitung der aufgenommenen Daten basierte auf den Empfehlungen von Leica Geosystems: Neben der Punktwolkenverarbeitungssoftware Terrasolid und der hydrographischen Softwaresuite QPS wurde Leica LiDAR Survey Studio (LSS) verwendet, um alle Wellenform- und Positionsdaten zu verarbeiten und die Vierband-Kameradaten des Chiroptera 4X einzubeziehen. Arctia-Meritaito lieferte die Ergebnisse etwa acht Wochen nach der Datenerfassung. (jr)