Das junge Stuttgarter Unternehmen nFrames vertreibt mit SURE eine Software zur photogrammetrischen Bildverarbeitung, die automatisch Oberflächendaten aus großen Bilddatensätzen auf einem handelsüblichen PC berechnen kann.
Konrad Wenzel und sein Kollege Mathias Rothermel entwickelten die Software SURE während ihrer Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Photogrammetrie an der Universität Stuttgart. Unterstützt von der Technologie Transfer Initiative (TTI), dem Gründerprogramm der Stuttgarter Hochschule, gründeten sie noch als Promotions- Studenten das Start-up nFrames. Seit Sommer 2013 ist die Software „SURE“ für die automatische Rekonstruktion von 3D Oberflächen aus Bildern auf dem Markt und wird seitdem international eingesetzt. Zwischenzeitlich beschäftigt die nFrames GmbH zehn Mitarbeiter. Die Software SURE kommt zum Beispiel bei der vollautomatischen Verarbeitung von landesweiten Daten von mehreren hunderttausenden Luftbildern zum Einsatz. Neben der Skalierbarkeit und der spezifischen Ausrichtung der Software und des Supports auf professionelle Produktion schätzen die Kunden des Unternehmens insbesondere die Abbildung von scharfen Kanten in der Geometrie sowie den intuitiven und flexiblen Workflow.
3D Punktwolken aus 2D Bildern
Die Software SURE ermöglicht die Ableitung von 3D-Punktwolken, digitalen Oberflächenmodellen, True Orthophotos und texturierten Dreiecks-Oberflächen aus Bildern. Sie bestimmt aus beliebig vielen und beliebig großen Bildern vollautomatisch für jedes Pixel das korrespondierende Pixel in anderen Bildern. Aus dieser Information kann für jedes Pixel der Punkt in 3D über einen Strahlenschnitt berechnet werden. Die Software verwendet ein verfahren mit einem Algorithmus, der den Semi-Global-Matching (SGM) Algorithmus um einen hierarchischen Ansatz erweitert. Während das traditionelle SGM allerdings große Speicherkapazitäten voraussetzt, ist SURE laut Unternehmen sehr Hardware- effizient. Das heißt, die Software kommt mit der Speicher- und Rechenkapazität eines üblichen PCs aus und kann zudem auch Szenen mit sehr starker Tiefenvarianz – wie beispielsweise Obliquephotogrammetrie mit Mittelformatkameras oder hochauflösende Nahaufnahmen mit entferntem Hintergrund – verarbeiten.
Um eine 3D Oberfläche zu berechnen, müssen lediglich die Bild- und die Orientierungsdaten in einem gebräuchlichen Format in die Software geladen werden. Die Software berechnet die 3D-Daten auf Wunsch vollautomatisch – wahlweise als dichte Punktwolke, texturierte Dreiecksvermaschung, True Orthophoto oder Digitales Oberflächenmodell. Neben Nahbereichsbildern können im Luftbildbereich sowohl Schrägaufnahmen als auch hochauflösende Bilddaten von Nadir Flügen verarbeitet werden. Aufgrund der hohen Produktivität des automatisierten Verfahrens werden nicht nur kostengünstigere Endprodukte, sondern auch höhere Erfassungsfrequenzen (wie beispielsweise die monatliche Erfassung von Städten) möglich. Bereits mit einem handelsüblichen PC und einer einzigen Lizenz können ohne Schulungsaufwand pro Monat Oberflächendaten und True Orthophotos aus mehreren tausend Luftbildern produziert werden. Mit wachsenden Anforderungen kann die Infrastruktur weiter skaliert werden. Kunden waren hier bereits in der Lage, Produktionsumgebungen mit einem Durchsatz von über 5.000 großformatigen Luftbildern pro Tag umzusetzen, berichtet nFrames. Eine intuitive Benutzeroberfläche ermöglicht nach Angaben der Entwickler eine vollautomatische End-to-End Verarbeitung ohne Vorkenntnisse. Die Generierung der 3D-Daten kann also als Standardfunktion durchgeführt werden, ohne dass der Benutzer spezielle Parameter definieren muss. Für spezifische Anforderungen gibt es aber diverse Möglichkeiten, die Parametrisierung gemäß individuellen Ansprüchen anzupassen, etwa falls spezielle Blattschnitte oder Ausgabeformate gewünscht werden. Zudem ist für die tägliche Nutzung in der Produktion auch eine intuitive Kommandozeilenschnittstelle verfügbar, die eine besonders effiziente Ansteuerung sowie Scripting ermöglicht.
Modularer Aufbau
SURE ist modular aufgebaut. Das bedeutet, dass alle Komponenten der SURE Software auch als separate Programme zur Verfügung stehen. Anstatt den End-to-End Workflow zu nutzen, kann der Anwender auf einzelne Bausteine separat zugreifen und über eine sogenannte Scripting-Schnittstelle mit Drittsoftware kombinieren. So lassen sich 3D-Punktwolken beispielsweise editieren und anpassen – bevor daraus True Orthos oder Mesh-Modelle generiert werden. Durch die modulare Verarbeitung von verschiedenen Datensätzen innerhalb eines Workflows kann auch die Qualität der Endprodukte gesteigert werden. Die Software ermöglicht es beispielsweise, ein vorhandenes LiDAR DTM in den Workflow einzubinden, um im Luftbild abgeschattete Oberflächen zu ergänzen – wodurch automatisch auch das True Orthophoto und das vermaschte Oberflächenmodell verbessert werden. Neben solchen Änderungen können auch manuelle oder automatische Änderungen an der Geometrie berücksichtigt werden, wie beispielsweise die automatische Korrektur von Wasserflächen.
Internationaler Einsatz
Die Software kommt in verschiedensten Anwendungen weltweit zum Einsatz. Beispielsweise werden die Höhendaten aus Luftbildern genutzt, um automatisch Veränderungen zu überprüfen – beispielsweise landesweit, um fehlende Gebäude im Kataster fortzuführen oder um potentielle Flutgebiete zu überwachen. Die Software wird auch in der Forstwirtschaft insbesondere in Kanada und Skandinavien zur Dokumentation von Baumbestand und Wachstum verwendet. In Gebirgsregionen werden Oberflächendaten für die Vermessungen von Gletscherschmelzen oder zur Visualisierung von Wanderrouten eingesetzt. In Städten werden die Daten verwendet, um automatisch Kataster über potentielle Flächen für Solaranlagen zu erstellen. In der Türkei wurden mit der Software Orthophotos von 850 Städten und über 340.000 km² Fläche mit einer Auflösung von zehn Zentimetern erstellt, um daraus Geobasis- und Katasterdaten abzuleiten. In Deutschland ist SURE bereits in sechs Bundesländern bei den Vermessungsämtern im Einsatz. Neben Luftbildaufnahmen spielen aber auch Bilder von handelsüblichen Kameras eine Rolle – beispielsweise zur Rekonstruktion von Kulturdenkmälern und der Dokumentation von Gebäuden. Ein weiteres Beispiel ist ein australisches Unternehmen, welches die SURE Software für genaue Unfallrekonstruktionen und forensische Messungen einsetzt.
Die Software ist in zwei Versionen erhältlich: SURE Pro für kleine bis mittlere Bildformate und SURE Aerial für großformatige Bilder. Erstere ist in erster Linie für Bilddaten aus unbemannten Befliegungen, wie beispielsweise UAV oder Ballons, sowie Mobile Mapping-Anwendungen gedacht. Sie bietet 40 Megapixel Auflösung pro Bild und kann Bilder mit bis zu 10.000 Pixeln Tiefenauflösung verarbeiten. SURE Aerial wurde speziell für bemannte Befliegungen großflächiger Areale, wie ganze Stadtgebiete oder Wälder mit beispielweise zehntausenden von Bildern mit über 200 Megapixeln Auflösung pro Aufnahme, entwickelt. Diese Version beinhaltet alle SURE Pro Features und weist darüber hinaus keine Begrenzung hinsichtlich Bildanzahl oder Brennweite auf. Ende des Jahres veröffentlicht das Unternehmen die Version 2.0 der SURE Software. Neben Erweiterungen, wie ein neues 3D Mesh mit erhöhter Detailauflösung für beliebig große Datensätze und Editierungsmöglichkeiten, ermöglicht die Software nun eine um 20 Prozent erhöhte Verarbeitungsgeschwindigkeit. Neue Lizenzmodelle – wie monatliche oder jährliche Miete und der fließende Wechsel sollen einen günstige Einstieg und einfache Erweiterungsmöglichkeiten bei wachsenden Projektanforderungen ermöglichen.