Die Europäische Raumfahrtbehörde (ESA) und das Deutsche Forschungszentrum für künstliche Intelligenz (DFKI) gründen ein Labor, um neue KI-Technologien und -Anwendungen in der zivilen Raumfahrt zu entwickeln. Das ESA_Lab@DFKI wird beim DFKI in Kaiserslautern angesiedelt sein und schafft einen Rahmen, in dem Wissenschaftler beider Organisationen unter anderem an KI-Systemen zur Interpretation komplexer, umfangreicher Daten aus der Erdbeobachtung oder zur Kollisionsvermeidung von Satelliten forschen.
Satelliten senden täglich gigantische Datenmengen zurück zur Erde. Die Daten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus etwa stehen Anwendern frei zur Nutzung zur Verfügung. Diese Daten sind jedoch viel zu umfangreich, als dass sie von Menschen allein analysiert werden könnten – der zeitliche Aufwand dazu wäre viel zu groß. KI-Methoden können in diesem Zusammenhang dabei helfen, aus den Rohdaten Wissen zu generieren.
Wo KI helfen kann
Mit speziellen Methoden des maschinellen Lernens lassen sich beispielsweise Ausbreitungs- und Schadensprognosen für Umwelt- und Katastrophenschutz von durch Naturkatastrophen betroffenen Gebieten treffen. Kommerzielle Mehrwertdienste reichen dabei von der finanziellen Risikoabschätzung solcher Ereignisse bis zur Überwachung industrieller Infrastrukturen auf der Erde. Ein weiteres Anwendungsszenario zielt auf die Versorgungssicherheit durch landwirtschaftliche Produkte ab: Wachstumszustände und Bodenqualitäten von Anbaugebieten lassen sich mithilfe von Satellitenbildern analysieren und so Ertragsprognosen treffen.
Ein weiteres potenzielles Einsatzgebiet für KI in der Raumfahrt ist die Kollisionsvermeidung von Weltraumflugkörpern angesichts von immer mehr Objekte in der Erdumlaufbahn. Denn die Raumfahrt steht mit dem verstärkten Einsatz von Mega-Konstellationen vor einem gravierenden Paradigmenwechsel: Sind in der Vergangenheit eher einzelne, hochspezialisierte und große Satelliten betrieben worden, geht der Trend in der internationalen Raumfahrt heute zu Konstellationen von hunderten oder gar tausenden Klein-Satelliten. Das stellt Betreiber von weltraumgestützter Infrastruktur vor neue Herausforderungen, denn mit der Anzahl an Satelliten steigt auch das Risiko von Kollisionen und der Entstehung von weiterem Weltraumschritt. KI-Methoden helfen bei der genauen Berechnung der Umlaufbahnen von aktiven und passiven Satelliten sowie von bekanntem Weltraumschrott. Somit lassen sich Kollisionen durch rechtzeitig eingeleitete Ausweichmanöver verhindern.
Die Partnerschaft zwischen der ESA und dem DFKI wird diese und andere Technologieentwicklungen unterstützen und soll darüber hinaus die Bandbreite und den Umfang von Innovationen erweitern, die aus der akademischen Forschung in hochentwickelte industrielle Anwendungen transferiert werden. (jr)