Mit der neuen Version 10 der Software card_1 hat IB&T mehrere Methoden und Prinzipien völlig neu gestaltet. Im Zentrum stehen sogenannte Fachobjekte.
Es ist eine Frage der Sichtweise: Besteht ein Entwurfsmodell für eine Straße aus der Summe einzelner Geometrie-Objekte, wie Gradienten, Achsen, Profilen und Stationsdaten? Oder wird aus dem Objekt Straße, das das Bauwerk einer Straße repräsentiert, abgeleitet, welche einzelnen Bauteile sie insgesamt enthalten muss? Die Frage mag akademisch klingen, sie ist aber nicht unbedeutend für das Gesamtkonzept der neuen Version 10 von card_1, der bekannten Software für die Straßenentwurfsplanung von IB&T. Mit ihr hat der Hersteller alle wichtigen Methoden in der Infrastrukturplanung von Grund auf neu definiert. Das betrifft vor allem das Innerste der Software, nämlich die Modellierung des Baukörpers.
Mit dem neuen Straßenentwurf der neuen Generation von card_1 gibt es erstmals ein Objekt mit dem Namen Straße als übergeordnetes, in der Hierarchie an oberster Stelle stehendes fachliches Datenobjekt. In ihm sind alle Informationen einer geplanten Straße zusammenhängend und strukturiert untergeordnet. Die Struktur besteht aus Objekten verschiedener Typen, die das Bauwerk einer Straße vom Großen ins Kleine hierarchisch aufteilen. „So entsteht ein hochwertiges, schön strukturiertes Projektmodell“, sagt Harry Basedow, Gründer von IB&T, der die Geschäftsführung inzwischen abgegeben hat, aber weiterhin als Berater involviert ist, schließlich hat er die Weichen für den neuen Entwurfsansatz gestellt.
Ziel war es, die Entwurfs- und Bearbeitungsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Darüber hinaus sind Fachobjekte die Grundlage für weitere card_1-Lösungen, etwa die Neue Bestandsmodellierung oder den Neuen Bahnentwurf.
Die Fachobjekte hielten bereits in der Version 8.4 von card_1 als neue Datenart und darauf basierend ein neues Modellierungsprinzip Einzug, allerdings noch weitestgehend unbemerkt, was ihren revolutionären Charakter angeht. Zuerst wurden sie verwendet für Kanalobjekte und für Spezialanwendungen, wie etwa bei der Engstellenverwaltung der Hamburger Hafenbahn. Seit Version 10 sind sie die Grundlage des Neuen Straßenentwurfs. „Die neue Datenart Fachobjekte erlaubt es uns, ein geplantes Bauwerk, den Bestand und die Prozesse dafür völlig anders im card_1-Projekt abzubilden“, so Basedow. Zum einen seien viel mehr Informationen enthalten, diese seien besser strukturiert und übersichtlicher sowie eindeutig in ihrer Bedeutung und daher für das Programm automatisch nutzbar.
Hierarchische Ordnung
Fachobjekte sind in card_1 nicht nur eine neue Datenart. In Wirklichkeit sind es viele Datenarten und es werden in Zukunft noch mehr. Zurzeit gibt es über 200 Fachobjekttypen. Mit ihnen können Nutzer:innen ein geplantes Bauwerk in große und kleine fachliche Einheiten aufteilen und benennen. Alle Fachobjekte hängen zusammen in einer hierarchischen Struktur. Damit ist jedes Fachobjekt Teil eines übergeordneten Objekts.
card_1 nutzt die Fachobjekte für verschiedene Aufgaben. Dazu gehören Definitionen in den neuen Entwurfssystemen für die Generierung der Ergebnisse, Anforderungen und Vorgaben in den neuen Entwurfssystemen, automatische Auswertungen und Prüfungen, Import- und Exportvorgänge oder Elemente des Bauwerke-Systems.
„Obwohl diese Kategorien sehr unterschiedlich erscheinen, so bauen alle dafür verwendeten Typen von Fachobjekten auf einem einheitlichen Grundsystem auf. Dies vereinfacht nicht nur die Entwicklung, sondern bietet dem Anwender einheitliche Arbeitsweisen und Darstellungen“, so Basedow.
Neben Werten, Texten und Referenzen gehören beliebig viele Raumkörper, Polygone und andere Geometriedaten dazu. Anders als herkömmliche Datenarten kann ein Fachobjekt diverse andere spezielle Eigenschaften anbieten. Dazu zählen beispielsweise Dialoge, Bearbeitungsfunktionen und Algorithmen zum Erzeugen von Ergebnissen.
Die Fachobjekte können miteinander kommunizieren, etwa beim Generieren des Trassenkörpers im Neuen Straßenentwurf. In einem iterativen Prozess erzeugen viele Fachobjekte diverser verschiedener Typen gemeinsam ein großes komplexes Ergebnis, das ebenfalls aus vielen Fachobjekten besteht.
Neue Arbeitsweise
Für Anwender:innen heißt dies, dass damit eine neue Arbeitsweise einhergeht. Bisher wurden Funktionen für die Bearbeitung einer speziellen Datenart gewählt, nun wird ein Fachobjekt ausgewählt, das dann selbst die passenden Bearbeitungsfunktionen anbietet.
Von dem neuen Paradigma der Fachobjekte verspricht sich IB&T Verbesserungen des Planungsprozesses. „Das Projektmodell, welches das zu bauende Bauwerk oder den Bestand abbildet, ist viel hochwertiger als es bisher möglich war“, so Basedow. Dies ist nicht nur für BIM, sondern insbesondere für den eigentlichen Planungs- bzw. Bearbeitungsprozess wichtig.
Ebenso werden automatisierte Entscheidungen möglich. Dazu sollte im Planungsprozess ein detailliertes Bestandsmodell mit im System gut abgebildeten Anforderungen, wie Vorgaben und Regelwerken, sowie einem hochinformativen Planungsmodell auf programmierte Fachkompetenz treffen. Dies bezeichnet IB&T als smart infra-modeling technology. Die Fachobjekte sind dafür das tägliche Werkzeug.