Der Markt für 3D-Druck wächst rasant. Canon ist zu Beginn des Jahres in den Markt eingestiegen und fokussiert auf Ingenieurwesen, Produktion und Architektur.
Wie bei jeder Versicherung steht bei dem globalen Dienstleister für Risikomanagement sowie Versicherungs- und Rückversicherungsmakler Aon Holding Deutschland GmbH das Thema Digitalisierung weit oben auf der Unternehmensagenda. In der Unternehmenszentrale illustriert das Unternehmen aber anhand von 65 Kilogramm Textilfasern, welche Leistungen es anbietet. Im Foyer hat Aon ein 3D-Stadtmodell aufgebaut, dass eine Fläche von 2,7 mal 3,2 Metern besitzt. Insgesamt beanspruchte der Druck 3.000 Stunden, um das zuvor digital entworfene Abbild einer Modellstadt zu zeigen. Es zeigt anschaulich, welche Infrastruktur- und Industrieobjekte bei Aon versichert werden können: Krankenhäuser, Gebäude, Hafeninfrastruktur oder filigrane Strukturen wie Windräder sind dazu mit einem modernen 3D Drucker ausgedruckt worden.
Große Chancen für etablierte Druckerspezialisten
Das Beispiel zeigt: Der Entwicklungsschub im 3D-Druck eröffnet Unternehmen vielfältige Chancen. Er ermöglicht neue Geschäftsmodelle, zusätzliche Erträge und beschleunigte Produktentwicklung oder auch innovative Formen des Marketings. Die Marktforschung erwartet daher bis zu 30 Prozent Wachstum für 3D-Druck weltweit. Die Marktforschungsfirma „Research and Markets“ beispielsweise taxiert 30,19 Milliarden US-Dollar Umsatz in 2022 in diesem Segment. 2015 erreichte es bereits 4,98 Milliarden US-Dollar. Allerdings erwarten die Marktanalysten auch fallende Preise für 3D-Drucker. Dementsprechend wichtig ist es, marktfähige Serviceund Vertriebsstrukturen aufzubauen. Herstellern mit lange entwickelten, belastbaren globalen Strukturen werden daher große Zukunftschancen zugesprochen. Der Drucker-Hersteller Canon, weltweit Nummer 2 bei Druckern, Kopierern und Multifunktionsgeräten, ist daher Anfang dieses Jahres in Deutschland in den 3D-Druckmarkt eingestiegen und vertreibt die Produkte von 3D Systems, einem weltweit führenden Anbieter von 3D-Drucktechnologie aus den USA. Canon richtet den Fokus im Vertrieb auf das Prototyping für die schnelle Produktentwicklung und bietet die 3D-Drucker vor allem in den Marktsegmenten Ingenieurwesen, Produktion und Architektur an.
Kürzlich hat das Unternehmen einen Leitfaden herausgeben, der einen Überblick über die grundlegenden Elemente des 3D-Drucks bietet und beschreibt, welche der wichtigsten industriellen 3D-Drucktechnologien für welche Art der Anwendung am besten geeignet ist. Der optimale Design-Workflow wird ebenso erklärt wie die Prozesse der Nachbearbeitung. Er zeigt, welche Aspekte bei der Auswahl und Einführung von 3D-Drucktechnologien zu beachten sind und welcher 3D-Prozess sich am besten eignet.
Leitfaden für Einsteiger
Demnach gibt es drei Schlüsseltechnologien für 3D-Druckverfahren: MultiJet Printing (MJP), ColourJet Printing (CJP) und Stereolithografie (SLA). Beim MJP werden Teile, Muster und Formen aus hochwertigem, stabilem Kunststoff in hoher Detailgenauigkeit hergestellt. Diese hochauflösenden Drucker sind relativ kostengünstig sowie leicht zu warten und zu bedienen. CJP erstellt Farbmodelle mit hoher Auflösung. Ein loses Pulver wird in dünnen Schichten aufgetragen. Nach dem Auftragen jeder Lage wird ein tintenhaltiges Bindemittel (Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz) durch Tintenstrahl-Druckköpfe selektiv aufgesprüht, wobei das Pulver gebunden wird. Die gefertigten Objekte lassen sich nachträglich mit Klarlack für eine harte Oberfläche oder mit Wachs für eine glatte Oberfläche beschichten. Die Objekte sind extrem detailliert und eignen sich daher sehr gut für Architektur und Vorführmodelle. SLA ist ein Druckverfahren, bei dem flüssiger Kunststoff mit Laserlicht ausgehärtet wird. Dabei können verschiedene Materialien eingesetzt werden, wodurch Druckgeschwindigkeit und Oberflächenbeschaffenheit gut angepasst werden können. SLA-Drucker sind kostenintensiv, dafür sind die Produktionsstückkosten niedrig. Die Dauer des 3D-Druckvorgangs wird unabhängig vom Druckverfahren von der Höhe des Bauteils bestimmt, also durch die Anzahl der aufzutragenden Einzelschichten. 3D-Drucker können per CAD-System oder mit 3D-Scandaten „gefüttert“ werden, Canon empfiehlt dafür jedoch spezielle Software-Lösungen zur 3D-Dateivorbereitung. „Unabhängig von der verwendeten Drucktechnologie kann ein effizienter Design-Workflow zu einer deutlichen Optimierung des 3D-Druckprozesses sowie der Qualität der 3D-Druckausgabe führen“, sagt Andreas Lorenzer, Product Business Developer bei Canon Deutschland.
Am Markt existieren Schnittstellen und Ausgabeformate, die mit der 3D-Drucksoftware kompatibel sind. Im Verarbeitungsprozess muss die Datei dann vorbereitet werden, um etwa den Maßstab anzupassen und bei Architekturmodellen zu entscheiden, wie Detailmerkmale ausgegeben werden und ob die Formen massiv oder innen hohl sein sollen. Abschließender Schritt ist die Vorbereitung des 3D-Aufbaus. Hierbei müssen Entscheidungen über die Ausrichtung, die Anzahl der Einzelsegmente und die Positionierung innerhalb des Aufbaubereichs getroffen werden.
Rapide Prototyping neu gedacht
Zinkdruckguss Artur Monse druckt hochkomplexe Prototypen und beschleunigt so Planungsverfahren. Die Artur Monse GmbH & Co. KG ist ein auf Zinkdruckguss spezialisiertes, inhabergeführtes Familienunternehmen und stellt über 1.000 Teile verschiedenster Art her, vom Gehäuse für Maschinenstecker über Fensterbaubeschläge bis hin zu verchromten Teilen für Automobilschlüssel und Fernbedienungen. 50 Mitarbeiter am Standort Velbert erwirtschafteten zuletzt einen Jahresumsatz von sechs Millionen Euro. Die Losgrößen variieren dabei stark, von 500.000 bis 500 Stück. Mit der Anschaffung des 3D-Drucksystems ProJet 2500 Plus von 3D Systems, dass durch Canon in Europa vertrieben wird, verfolgt die Druckerei das Ziel, Prototypen schneller herzustellen, um so die Auftragsabwicklung zu beschleunigen.
Das kompakte MJP-System ist auf die Erfordernisse der Prototypenproduktion abgestimmt und verarbeitet unterschiedliche UV-aushärtende Acrylate. „Der ProJet findet Platz in unseren Büroräumen und ist über eine Schnittstelle mit dem CAD-Programm verbunden, mit dem wir gewöhnlich unsere Produkte entwickeln“, so Geschäftsführer Frank Schumacher. Binnen eines Tages ist ein 3D-Prototyp heute bei Artur Monse erstellt und versandfertig. Komplexe Geometrien gehören zum Alltagsgeschäft bei Artur Monse. Rund 500 Anfragen erreichen das Unternehmen jährlich. „Hier geht es um höchste Präzision in der Fertigung. Daher ist unser Geschäft sehr qualitätsund prozessorientiert und benötigt eine lange Vorlaufzeit. Bis wir die Formen für den Druckguss schließlich bauen und dann die Produktion startet, vergehen im Schnitt drei bis vier Monate“, sagt Schumacher. Dabei münde ein geringer Prozentsatz aller Anfragen schließlich in konkrete Produktionsaufträge, so der Inhaber, was dem sehr beratungsintensiven Geschäft geschuldet sei. „Viele unserer Erzeugnisse sind etwa sehr dünnwandig. Bei Kundenanfragen gilt es daher stets abzuklären, wie wir die Formkonstruktion realisieren, sodass die Teile auch tatsächlich prozesssicher produziert werden können. Hier reichen Zeichnungen oder Darstellungen am Computer bei weitem nicht aus, und darum sind wir oft auf einen realistischen Formenbau angewiesen“, sagt der gelernte Gießereimechaniker Schumacher. Bereits nach dem ersten Beratungsgespräch hat Canon am Abend desselben Tages einen Testdruck für Artur Monse in die Wege geleitet. Innerhalb von nur vier Werktagen wurde ein Testdruck eines Monse-Artikels erstellt, ein passendes Angebot ausgearbeitet und nach einer Abstimmung diverser Rahmenbedingungen der Vertrag zum Erwerb der Maschine unterzeichnet.
„Wir haben uns für Canon entschieden, weil zum einen die Beratung im Vorfeld ausgezeichnet war. Hier haben wir viel über die Möglichkeiten des 3D-Drucks mit Canon erfahren und konnten andere Lösungen für uns ausschließen. Zum anderen haben uns die Druckergebnisse in ersten Tests absolut überzeugt. Es ist genau diese Präzision mit wenigen hundertstel Millimetern Toleranz, die wir für die Erstellung unserer Prototypen benötigen“, sagt Schumacher.