Im nächsten Jahr feiert die Firma Virtual City Systems ihr 20jähriges Jubiläum. Der Pionier für den Bereich der 3D-Stadtmodelle, die heute weitgehend als Urbane Digitale Zwillinge bezeichnet werden, hat das Marktgeschehen mitgeprägt. BUSINESS GEOMATICS sprach mit Geschäftsführer Dr.-Ing. Stefan Trometer darüber, was sich hinter dieser Entwicklung alles verbirgt.
Vor 10 Jahren sprach man noch von 3D-Stadtmodellen, heute von Digitalen Zwillingen (DZ). Wo steht die „Digitale Repräsentation“ von Stadt heute?
Klima ist heutzutage DAS Thema. Was können Digitale Zwillinge hierfür leisten?
Die Folgen aus dem Klimawandel gehören in der Tat zu den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Die wichtigsten Anwendungsfälle liegen hier sicher in der urbanen Klimafolgenanpassung, dem Wassermanagement allgemein und dem Katastrophenschutz vor allem mit Blick auf die Starkregen- und Hochwasserprävention. In all diesen Bereichen gibt es etablierte Verfahren und Lösungen, die natürlich auch stetig weiterentwickelt werden. Digitale Zwillinge verknüpfen diese verschiedenen Systeme – 3D-Stadtmodell, Simulationsanwendung, Sensorik und mehr. Es entsteht im besten Fall ein modulares „System of Systems“ basierend auf offenen Standards und Schnittstellen. Der Mehrwert besteht darin, dass man die zuvor manuellen oder analogen Prozesse digitalisiert und automatisiert und somit deutlich beschleunigt. So werden sie einfacher anwendbar und auch kosteneffizienter.
Wie sehen konkrete Anwendungsfälle aus?
Nehmen wir urbane Hitzeinseln. Hierbei besteht der erste Schritt darin, die Situation im virtuellen Modell bzw. in der Simulation hinreichend genau nachbilden zu können, um die Einflüsse und Abhängigkeiten zu verstehen. Hierfür sind natürlich virtuelle Modelle des urbanen Umfelds erforderlich, aber auch Wetterdaten, Sensordaten und Klimasimulationen. Gibt es dafür ein verknüpftes digitales System, also einen Digitalen Zwilling, beschleunigt dies den Prozess enorm und bildet die Basis für den nächsten Schritt: die Untersuchung von Varianten für mögliche Anpassungsmaßnahmen. Die Frage ist nicht, ob Bäume die Hitzebelastung für die Bürger reduzieren, die Frage ist, wie viele Bäume es an welchen Stellen braucht, um für die Bürger ein akzeptables Klima an öffentlichen Orten bereitzustellen. Die Ergebnisse dieser Variantenstudien zeigen die vielversprechendsten Lösungsansätze, natürlich aber auch oft den begrenzten Handlungsspielraum.
Diese Untersuchungen sollten idealerweise auch bei Stadtentwicklungsprojekten einbezogen werden, um auch diese Aspekte schon sehr frühzeitig im Diskurs bewerten zu können. Die immer bessere Verknüpfung von Stadtmodell mit Planungsmodellen und –
varianten, auch mit BIM-Modellen, ist hierfür die ideale Grundlage, um die Wechselwirkungen zwischen Planungsvariante und urbanem Kontext mitdenken zu können.
Das Thema KI ist omnipräsent. Wo liegen Chancen, Risiken und Grenzen für DZ?
In der Tat! KI steht auch bei vielen Förderaufrufen im Zentrum und wird dadurch enorm gefördert. KI-Verfahren eignen sich beispielsweise bestens für die Objekterkennung aus Befahrungen oder Fernerkundungsdaten. In vielen anderen Bereichen sind die Einsatzmöglichkeiten aber auch einfach begrenzt oder nicht vorhanden. Dort, wo es Sinn macht, kann es eine äußerst spannende neue Methode sein. Mit Partnern verfolgen wir im Bereich der Klimasimulation die Idee, KI-Modelle auf Stadtklimaanalysen anzulernen, um damit ein KI-basiertes Prognosemodell für Klimaeffekte zu erhalten, das interaktiv eine erste Einschätzung von Planungsvarianten erlaubt.
Wie geht es mit Virtual City Systems und DZ aus Ihrer Sicht weiter?
Die direkten Anwendungen basierend auf 3D-Stadtmodellen, wie z.B. für die Bürgerinformation, die Stadtplanung oder die Solarpotentialanalyse werden weiter Einzug auch in den kleinen Kommunen halten. Mit unseren Leuchtturmkunden werden wir innovative Themen vorantreiben, wie im Klimabereich. Ansonsten wird das Thema der Urbanen Digitalen Zwillinge sicher weiter Fahrt aufnehmen und weitere spannende Praxisbeispiele werden entstehen. Alles in allem eine schöne Perspektive für uns und unser 20-jähriges Firmenjubiläum im nächsten Jahr.
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