Die Stadt Bonn setzt auf ein visuell sehr detailliertes 3D-Mesh für ihr 3D-Stadtmodell, nutzt dieses aber auch in einer ersten Ausbaustufe für fachlich anspruchsvolle Anwendungen wie etwa die Stadtplanung. Dazu können IFC-basierte Gebäudemodelle ins Mesh eingesetzt werden.
Die Digitalisierung steht in der Bundesstadt, wie in vielen anderen Kommunen auch, sehr weit oben auf der Agenda. Beispiele sind eine neue digitale Parkraumstrategie, eine erweiterte Digitalisierung des Stadtgedächtnisses, ein neu gegründetes Zukunftszentrum KI NRW oder jüngst ein Kooperationsverbund LoRaWAN zwischen Stadt, Stadtwerken Bonn und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Mit der Web-Anwendung „Bonn in 3D“ hat die Bundesstadt Bonn im letzten Sommer auch eine dreidimensionale Stadt-Visualisierung als virtuelles 3D-Modell zur Verfügung gestellt, das auch als Grundlage für viele digitale Ansätze fungiert. „Die Aufmerksamkeit gegenüber unserem 3D-Stadtmodell wird sowohl innerhalb der Stadtverwaltung als auch in der Öffentlichkeit immer größer“, sagt André Dornbusch-Schwickerath, Abteilungsleiter im Amt für Bodenmanagement und Geoinformation bei der Bundesstadt Bonn, das für Aufbau und Fortführung zuständig ist. Im gleichen Maße wie das Interesse steigen auch die Ansprüche an das Modell. Eine der ersten Fragen, mit denen das zuständige Amt immer konfrontiert werde, sei, so der GIS-Experte, die nach der Aktualität der Daten.
Auch Zeitreihen etabliert
Die Besonderheit des Bonner 3D-Modells ist, dass es als 3D-Mesh-Modell konzipiert ist. Diese Technologie verbindet geometrische Genauigkeit und eine sehr detaillierte, realitätsgetreue Visualisierung der Oberflächen. Andere Städte setzen eher auf die Datenmodellierung nach dem CityGML-Standard, dessen Fokus auf der semantischen Modellierung der Daten liegt.
Als Vorteil des Mesh-Ansatzes gilt die Aktualisierung der Geobasisdaten, die aus Befliegungen abgeleitet werden. Die bisherige Datenbasis stammt aus dem Jahr 2019.
Für das Jahr 2022 ist eine Aktualisierung der Datenbasis geplant. „Wir rechnen aufgrund von noch besser aufgelösten Luftbilddaten nochmals mit einer erheblichen Schärfung des 3D-Meshes“, so Dornbusch-Schwickerath. Dazu sollen digitale Orthofotos und Schrägluftbilder genutzt werden, bei denen eine Bodenauflösung von unter drei Zentimetern geplant wird. Daraus soll ein hochaktuelles, ganzflächiges 3D-Modell erzeugt werden. „Im Detail erreichen wir ein nochmals verbessertes und vor allem ein aktuelles 3D-Stadtmodell. Bisher gibt es bereits sehr wenig Artefakte, die etwa in Häuserschluchten mit schlechten Sichtverhältnissen entstanden sind, diese möchten wir mit dem neu abgeleiteten Modell auf ein Minimum reduzieren“, so der Abteilungsleiter.
Mit der Neuerfassung will die Stadt auch eine Zeitreihe zum „Digitalen Zwilling“ aufbauen. So soll sich der Nutzer in Zukunft den Aufnahmezeitpunkt des 3D-Stadtmodells frei wählen und so eine Zeitreise machen können.
BIM-Prozess im 3D-Modell
Das Bonner Mesh zeigt auch, dass sich das Konzept auch sehr gut für fachliche Anwendungen eignet. Zum Beispiel im Bereich Stadtplanung, für die man die WebApp PlexMap 3D der Firma Geoplex aus Osnabrück nutzt. Über den PlexMap Planer und eine eigene BIM-Schnittstelle können etwa detaillierte Architektur- und Gebäudemodelle in das 3D-Mesh integriert werden. Die Nutzer können aus dem 3D-Mesh und/oder dem Digitalen Oberflächenmodell beliebige Flächen ausschneiden und anstatt dessen detaillierte 3D-Modelle einsetzen.
Dazu wird aktuell ein BIM-Prozess implementiert, der entweder auf Planungsdaten oder auf Daten der Bestandsvermessung zurückgreift. Die Bonner Gebäude werden per mobiler Laserscanverfahren oder photogrammetrisch vermessungsgenau von der stadteigenen Vermessungsabteilung erfasst, woraus diese BIM-orientierten Modelle abgeleitet werden. Die Integration in das 3D-Mesh läuft über eine definierte Prozesskette, wobei die 3D-Punktwolken der Bestandsvermessung Cloud-basiert mit spezieller Software prozessiert werden. Danach werden die Daten mittels CAD zum Planungsmodell entwickelt und anschließend an PlexMap übergeben. Für die Modellierung wird der IFC-Standard berücksichtigt. PlexMap ist für die gesamte Datenhaltung und die Darstellung des 3D-Modells im Internet zuständig und sorgt demnach auch für die Anpassung des Modells an das 3D-Mesh. Dazu zählt zum Beispiel das Entfernen von Innenraumobjekten für die Stadtplanungsansicht. „An dieser Stelle nutzen wir die Vorteile der IFC-Modellierung in PlexMap voll aus“, so Dornbusch-Schwickerath.
Neue Features in PlexMap
Zusätzlich zu der interaktiven Darstellung der Planung im Viewer können Flugtouren definiert werden, um besonders interessante Bereiche der Planung hervorzuheben. Diese Anwendung in PlexMap geht auch auf eine Auftragsentwicklung zurück, die von der Stadt Bonn beauftragt wurde. Planungsskizzen können auch innerhalb der Verwaltung zur gemeinsamen Bearbeitung geteilt werden. „In der Viewing-Komponente von PlexMap sind auch verschiedene Features für das Editing der 3D-Modelle hinzugekommen“, sagt Hannes Gräuler, technischer Leiter bei Geoplex.
Flugtouren definieren
Im browserbasierten Viewer werden zudem verschiedene Funktionen für die Gebäude bereitgestellt. Dazu gehören unter anderem Flugtouren, Sichtbarkeitsanalysen, Verschattungen etc. Die Stadt will zukünftig auch den X-Planungs-Standard im Bereich der Bauleitplanung integrieren. X-Plan-konforme Bebauungspläne sollen somit auch mit PlexMap visualisiert werden. Zweidimensionale X-Planungs-Daten werden dann in eine 3D-Darstellung extrudiert und kombiniert mit dem Planungswerkzeug der Stadtplanung. Des Weiteren entwickelt die Stadt weitere use-cases für das 3D-Modell. Beispielsweise sollen Starkregenereignisse simuliert werden. Ebenso ist das Highlighting von Objekten wie Denkmalen oder Sehenswürdigkeiten geplant. (sg)