Das Unternehmen SPECTAIR bietet neben Drohnenvermessung neuerdings auch Befliegungen mittels Ultraleichtflugzeug an.
Kalter Wind pfeift Andreas Müller um die Nase. In 400 Metern Höhe ist jedes Lüftchen spürbar, wenn man nicht von einem schützenden Cockpit umgeben ist. Denn abgesehen von der kleinen Sitzschale hängt der Pilot quasi frei in der Luft. Angetrieben von einem kleinen Motor hinter seinem Sitz und gehalten von einer dünnen Tragfläche fliegt er die Strecke ab, die auf seinem Tablet angezeigt wird. Andreas Müller ist mit dem Einsitzer-Trike „Skycruiser“ unterwegs, einem Ultraleichtflugzeug der 120 Kilogramm Klasse, das von der Firma Bautek hergestellt wird. Mit diesem Fluggerät befliegt der Trike-Pilot für die Firma SPECTAIR die unter ihm liegende Landschaft.
Dieses Flugsystem ist neu im Repertoire von SPECTAIR. Das Meerbuscher Unternehmen ist Teil der SPECTAIR GROUP, die sich aus den Unternehmen SPECTAIR, HEIGHT TECH und FLAIRICS zusammensetzt. FLAIRICS übernimmt innerhalb der SPECTAIR GROUP Forschung und Entwicklung, Innovation und Produktdesign. HEIGHT TECH produziert bereits seit zehn Jahren technologisch hochentwickelte Drohnen und stattet sie mit Kameras, Sensoren und Messgeräten aus. Das Schwesterunternehmen war eine der ersten Firmen überhaupt in Deutschland, die sich der Entwicklung und Herstellung von unbemannten Flugsystemen widmete. HEIGHT TECH produziert Drohnen für gewerbliche Anwendungen in Serie sowie individuelle Lösungen für spezielle Anwendungsgebiete. SPECTAIR ist seit der Gründung des Unternehmens Ende 2012 auf Dienstleistungen mit unbemannten Flugsystemen spezialisiert. Die Experten in den Bereichen Kartierung und Vermessung, Industrie- und Bauwerksinspektion sowie Umwelt- und Vegetationsmonitoring führen Befliegungen durch und werten die erhobenen Daten aus. Hier soll auch das neue Ultraleichtflugzeug zum Einsatz kommen.
Bei der Vermessung von großen Geländen bietet deren Einsatz Vorteile. „Weil man beim Einsatz von Drohnen stets Sichtkontakt zum Fluggerät halten muss, sind bei großen Flächen viele Aufstiege notwendig, was den Einsatz zeitaufwendiger macht“, erklärt Andreas Müller. Hinzu komme, dass UAVs nur in einer bestimmten Höhe fliegen dürfen und auch die Kapazitäten der Traglast einer Drohne bei bestimmten Anwendungsfällen ausgereizt sind. Für größere Vermessungsprojekte werden in der Regel Flugzeuge der ECHO-Klasse wie die Cessna 172 genutzt. „Diese Flugzeuge sind allerding sehr teuer in Anschaffung und Betrieb und eignen sich eher für die Befliegung sehr großer Areale“, sagt Andreas Müller. Mit dem Trike will das Unternehmen nun die Lücke zwischen der großskalierten Oberflächenerfassung mit Flugzeugen und der für kleinere Projekte gedachten Drohnenerfassung schließen. Ein großer Vorteil dieses Ultraleichtflugzeuges sei seine Klassifizierung als Luftsportgerät. „Für Trikes sind keine Aufstiegsgenehmigungen notwendig, weshalb sie relativ spontan eingesetzt werden können“, sagt Andreas Müller. Außerdem müssten am Flugzeug angebaute Sensorsysteme nicht von technischen Prüfern abgenommen werden. Für den geringen Aufwand hat das Trike eine hohe Reichweite. Mit einem 30 Liter- Tank kann die kleine Maschine bis zu fünf Stunden in der Luft bleiben und den Boden aus einer einer Flughöhe von 150 bis 1000 Metern erfassen. „Das ist allerdings auf Dauer anstrengend für den Piloten, da die manuelle Steuerung des Geräts viel Kraft kostet“, so Andreas Müller. Im Durchschnitt sei der Skycruiser rund drei Stunden in der Luft und das reiche meist auch aus. Der geringe Verbrauch in Verbindung mit einer flexiblen Reisegeschwindigkeit von unter 60 km/h bis 110 km/h erlaube einen großen Aktionsradius und somit auch die Erfassung ausgedehnter Flächen mittels optischer und nicht-optischer Sensoren.
Bei einer maximalen Zuladung von 118 Kilogramm inklusive Pilot und Tank muss ein Flug mit dem Skycruiser gut vorbereitet sein. Mit im Cockpit hat der Pilot sein Tablet, auf dem die geplante Route abgebildet ist. Für photogrammetrische Aufnahmen benutzt SPECTAIR eine Sony Alpha 7 R Kamera, die in einer Kapsel an dem Fluggerät befestigt wird. Damit die gesammelten Daten sehr präzise verortet werden können ist das Ultraleichtflugzeug mit einem differentiellen GPS ausgestattet. Das Sensorsystem wird dabei automatisiert über einen Onbord-Computer angesteuert und über eine mechanische Lagesteuerung der Fluglage des Flugzeuges angepasst. Aus den so gewonnenen optischen Geodaten lassen sich beispielsweise digitale Gelände- und 3D-Modelle mit einer Auflösung ab sechs Zentimeter pro Pixel prozessieren. Schrägluftaufnahmen sind in dieser Konstellation nicht vorgesehen. „Das ist aber auch nicht nötig, da wir bei einer Längsüberlappung von 80 Prozent und einer 70 Prozent Seitenüberlappung genug Daten haben, um ein digitales Geländemodell zu berechnen“, erklärt Andreas Müller.
Neben photogrammetrischen Projekten bietet SPECTAIR seinen Kunden auch Befliegungen mit einem LiDAR-System an, mit dem sich mittels Dreifachecho-Erfassung auch das Gelände unterhalb der Vegetation erfassen lässt. Insgesamt umfasst das Leistungsspektrum mit dem Trike Mappinganwendungen, Nahinfrarot-/ Multispektralaufnahmen beispielsweise zur Vegetationsfernerkundung sowie reguläre Echtfarbenaufnahmen und GIS-Bestandserfassungen. Kunden können die Leistungen als Komplettpakete inklusive Planung, Durchführung und Auswertung einzeln buchen.
SPECTAIR hatte den Skycruiser erst im August gekauft und testet das Flugsystem momentan noch um das Angebotsspektrum zu bestimmen. „Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass der Skycruiser überall dort eingesetzt werden kann, wo der Einsatz von Drohnen zu umständlich und damit zu zeitaufwendig ist, und Flugzeuge zu teuer wären“, erklärt Andreas Müller.