Satelliten dokumentieren den nächtlichen Stromausfall auf der iberischen Halbinsel. Die Ursachen sind immer noch nicht vollends geklärt. Am Montag den 28.4. um 12:33 Uhr ging in der iberischen Halbinsel binnen 5 Sekunden das Licht aus. Das Stromnetz kollabierte, so dass Europa den größten Blackout der Geschichte erlebte. In manchen Regionen war das Stromnetz bis Anbruch der Dunkelheit wieder hergestellt, in anderen fiel es bis in die frühen Morgenstunden aus. Es blieb wahrhaftig dunkel, wie Satellitenaufnahmen beweisen. Vor allem in südwestlichen Regionen von Spanien in Andalusien gab es bis in den frühen Morgenstunden keine Elektrizität.
Blick aus dem All


Die nächtlichen Bilder der NASA-Satelliten Suomi-NPP, NOAA-20 und NOAA-21 zeigten das Ausmaß des Stromausfalls und verfolgten dabei auch die allmähliche Wiederherstellung der Stromversorgung.
Die drei Satelliten, die die Erde von Pol zu Pol umkreisen, überflogen Spanien und Portugal sechs Mal zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Jeder Überflug lieferte eine Momentaufnahme der sich entwickelnden Situation im Stromnetz.
Die Bilder veranschaulichen die Chronologie und Kartografie des Stromausfalls, von den ersten Überflügen in der Abenddämmerung bis zur fast vollständigen Wiederherstellung gegen 5 Uhr morgens. Es war eine weitgehend wolkenlose Nacht.
„Durch Überlagerung der sechs Satellitenüberflüge und Anwendung der Algorithmen der NASA für die Nacht können wir große grüne Flecken erkennen, die plötzlich auftauchen und allmählich verblassen“, erklärt Alejandro Sánchez de Miguel, Forscher am Instituto de Astrofísica de Andalucía (IAA-CSIC) und Projektleiter mehrerer von der ESA unterstützter Initiativen zur Überwachung der Lichtverschmutzung aus dem Weltraum.
„Die grünen Punkte zeigen die Abwesenheit von Licht an, während die weißen Punkte Gebiete mit stabiler Stromversorgung anzeigen. Diese Verteilung stimmt mit den Berichten der Stromversorger und der allmählichen Rückkehr zur Normalität überein“, fügt Alejandro hinzu. Die Analyse zeigte zum Beispiel, dass der Strom in den städtischen Regionen schneller wieder zur Verfügung stand, in den ländlichen Gebiete (vor allem in Andalusien und den südlichen und östlichen Teilen der Region Granada), blieb es länger dunkel.
Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) koordiniert und unterstützt eine wissenschaftliche Infrastruktur, die Stromausfälle zu Fallstudien machen könnte, um Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus lebender Organismen, einschließlich des Menschen, zu untersuchen. Die ESA trägt dabei zum Projekt Night Watch bei, einer europäischen Multispektralmission zur Untersuchung nächtlicher Lichtemissionen. Fälle wie dieser Stromausfall helfen bei der Festlegung von Schwellenwerten für künftige Überwachungssysteme.
Ursachen des Blackouts
Die Ursachen für den Stromausfall bleiben derweil weiterhin im Dunkeln. Zwar steht inzwischen fest, dass sich zwei Solarparks im Südwesten Spaniens nahezu gleichzeitig abgeschaltet haben, wodurch 15 GW an Erzeugungskapazität verloren gingen, doch ist unklar, was dabei Ursache und was Wirkung ist. Sicher scheint allenfalls, dass es sich weder um Sabotage, atmosphärische Störungen noch um menschliches Fehlverhalten handelte, sondern dass ein systemimmanentes Problem des Stromnetzes aufgetreten ist.
Die Analyse des Schwingungsverhaltens des Netzes spielt dabei eine entscheidende Rolle. Demnach sind bereits am Morgen des 28.04. erste Anomalien aufgetreten, die als großflächige Netzschwingungen bezeichnet werden. Diese wurden auch im europäischen Netz gemessen, beispielsweise in Litauen, das an den physischen Grenzen des europäischen Verbundnetzes liegt und somit am weitesten von der iberischen Halbinsel entfernt ist. Die Schwingung betrug rund 0,2 Hertz, was für Schwingungen dieser Art ein hoher Wert ist.
Doch auch hier ist unklar, woher diese Anomalie kam und wie sie schließlich dazu führte, dass das Netz kollabierte. Vor diesem Hintergrund scheint es offensichtlich, dass die etablierten Notfallmechanismen für Schwingungsprobleme nicht funktionierten bzw. die Probleme aufgrund unzureichender Messtechnik überhaupt nicht wahrgenommen werden konnten. Zudem wird angenommen, dass sich Interferenzen mehrerer kleinerer Störungen aufschaukelten und das System zum Kippen brachten. Dieses aus der Chaostheorie bekannte Systemverhalten ist ebenfalls noch nicht ausreichend analysiert.
In diesem Zusammenhang rücken Solaranlagen, genauer gesagt ihre Wechselrichter, ins Zentrum der Forschung. Diese wandeln den von den Anlagen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um und gewährleisten so die Netzintegration. Bei klassischen Generatoren aus dem Kraftwerksbereich stellt die Trägheit der Rotation einen Puffer für die Einspeisung dar. Wechselrichter hingegen agieren sehr schnell, was zu komplett anderen Systemeigenschaften führt. Die heute gängigen Notfallreserven sind weitgehend auf Reaktionszeiten im Bereich von Minuten oder mehreren Sekunden ausgelegt. In Spanien erfolgte die kaskadenhafte Reaktion jedoch viel schneller.
Das Netz ändert also sein systemisches Verhalten, vor allem aufgrund der Millionen beteiligten Wechselrichter. Ebenso verweisen Fachleute darauf, dass auch auf Verbraucherseite zunehmend schwingungsfähige Leistungselektronik eingesetzt wird, welche das Netzverhalten ebenfalls beeinflusst. Man kann davon ausgehen, dass der Blackout in Spanien den Lernprozess für ein modernes Netzmanagement drastisch beschleunigen wird.