INTERVIEW mit Michael Arthen, Geschäftsführer der CycloMedia GmbH, und Julia Koch, Marketing Managerin bei CycloMedia.
Ihr Unternehmen ist bereits seit mehr als 40 Jahren auf dem Mobile Mapping-Markt aktiv. Was hat sich in den letzten Jahren gewandelt?
Michael Arthen: Der typische Mobile Mapping-Markt ist traditionell stark auf Vermessung, Genauigkeit und die eingesetzte Technologie fokussiert. Da findet in den letzten Jahren ein erheblicher Wandel statt. Aus Nutzersicht kommt es aber stark auf die Datenprodukte an, die die Mitarbeiter konkret verwenden. Wir haben daher in den letzten Jahren zum Beispiel stark die KI-basierte Datenauswertung priorisiert, um diesen Prozess effizienter zu machen. Die Realflächenkartierung ist ein konkretes Beispiel dafür.
Der Begriff ist neu in der Branche. Können Sie ihn genauer erklären?
Julia Koch: Die Realflächenkartierung bezeichnet eigentlich gar keinen klassischeren Geodaten-, sondern eher einen „politischen Layer“. Die Städte wissen damit zum ersten Mal, wenn gewünscht auf den Quadratmeter genau, für welche Nutzung sie welche Flächenanteil vorhalten und unterhalten. Da gibt es viele „Aha-Effekte“ wenn sich herausstellt, wie hoch die versiegelten Flächenanteile für den ruhenden Individualverkehr sind. Diese Flächen konkurrieren im städtischen Raum mit Grünflächen, Areale für Fußgänger oder Radfahrer oder allgemein mit Bereichen, wo städtisches Leben für die Bürger stattfinden kann. Da Städte in Zeiten des demographischen Wandels in einem Wettbewerb stehen, kann der RFK direkt zur Attraktivitätsmessung und -steigerung herangezogen werden. Ich halte die Realflächenkarte für eine zukünftig unverzichtbare Planungsgrundlage und eine Basis für den Dialog mit den Bürgern.
Sind Städte nach wie vor die Hauptzielgruppe?
Koch: Städte sehen sich derzeit mit Mega-Aufgaben und großen Herausforderungen konfrontiert, bei denen Mobile Mapping, KI und Cyclomedia-Technologien oft einen großen Mehrwert liefern und zu deren Lösung beitragen können. Von den 80 Großstädten in Deutschland nutzen bereits über die Hälfte unsere Daten. Das sagt eigentlich alles. Von daher ist und bleibt diese Zielgruppe für Cyclomedia stark im Fokus.
Arthen: Die universelle Verwendung des digitalen Zwillings hat aber auch andere Zielgruppen in den Fokus rücken lassen. Dazu gehören beispielsweise Energieversorger. Die Energiewende und speziell das Thema Elektromobilität stellt zukünftig die Herausforderung Nr. 1 im Bereich der notwendigen Infrastruktur dar. Nicht nur für den Glasfaserausbau, sondern auch für die Neudimensionierung der Netze. Die RFK ist daher insbesondere im Bereich Planung und Bau flächenhaft zum Einsatz gekommen. Gerade die Realflächenkartierung stiftet hier großen Nutzen, denn viele Glasfaserkabel werden direkt im versiegelten Verkehrsraum eingebaut, Stichwort Microtrenching zum Beispiel. Auch hier reduziert unsere Bildlösung Vor-Ort-Termine. Durch konkrete Weiterentwicklungen unserer Street Smart-App kann zum Beispiel der Fortschritt von Baumaßnahmen dokumentiert werden.
Wie genau sieht denn das aus?
Koch: Durch die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden hat sich schnell die Notwendigkeit gezeigt, dass die Entwicklungen und Veränderungen im öffentlichen Raum dokumentiert werden wollen – und das am besten ohne Medienbrüche. Die App ermöglicht es daher, dass Nutzer nun selbst Echtzeitbilder hinzuzufügen können.
Arthen: Die App ändert unseren bisherigen Fokus. Unsere Kunden können nun erstmalig digitale Informationen mit einem aktuellen Zeitstempel in bereits bestehende Datensätze integrieren. Neben der Baudokumentation Unsere Kunden dokumentieren so Vandalismus, Vermüllungs-Hotspots, Graffiti oder dunkle, unübersichtliche Fußgängerwege und stellen diese verwaltungsintern zur Verfügung. Das ist ein absoluter Renner bei unseren Kunden! (sg)