Velodyne Lidar bringt seine Intelligent Infrastructure Solution auch auf den europäischen Markt. Mit LiDAR-basierten Sensoren und KI-basierter Auswertung werden damit neuartige Ansätze für das Verkehrsmanagement möglich.
An Verkehrszählungen führt kein Weg vorbei, um Verkehrsplanungen zu optimieren. Auf Autobahnen ist heute die automatisierte Verkehrszählung weit verbreitet. Zahlreiche Kontaktschleifen, Kamerasysteme beziehungsweise Radar-Sensoren sind fest installiert, um den Verkehr getrennt nach Schwerlast- und Pkw-Verkehr in Echtzeit zu analysieren. Auch im innerstädtischen Bereich wird teilweise bereits eine automatische Verkehrszählung genutzt. Aber je nach Sensor liegen einzig und alleine Daten zur Anzahl der Verkehrsteilnehmer vor. Einschränkungen resultieren auch aus schlechten Licht- und Klimabedingungen (bei Kameras), Informationen zu Radfahrern oder Fußgängern fehlen oft ganz (Radar). Dabei hat sich auf dem Gebiet der Sensortechnologie in den letzten Jahren viel getan. Vor allem im Bereich des Autonomen Fahrens werden Hochleistungstechnologien entwickelt, die nur darauf warten, von Segmenten wie der Verkehrszählung entdeckt zu werden.
Genau dies will die US-Firma Firma Velodyne nun auf den Weg bringen. Das Unternehmen hat kürzlich seine Intelligent Infrastructure Solution (Intelligente Infrastrukturlösung) auf den Markt gebracht, die auch auf der INTERGEO in Hannover gezeigt wird. Diese neue Lösung kombiniert die LiDAR-Sensoren von Velodyne, deren Entwicklungen bereits in der Automobilindustrie erprobt sind, mit der Software für Künstliche Intelligenz (KI) von Bluecity, ein Softwareunternehmen, das auf Verkehrsmanagement spezialisiert ist und Deep-Learning-Methoden für die LiDAR-Rohdatenauswertung nutzt. Deren CEO Asad Lesani ist überzeugt, dass die Sensoren für die Smart City-Branche ein Wendepunkt sein werden. „Wir freuen uns, mit Velodyne zusammenzuarbeiten, um diese bahnbrechende Lösung auf den Markt zu bringen, die detaillierte Verkehrsdaten über Verkehrsteilnehmer erfasst und analysiert und dabei Anonymität und Vertrauen bewahrt“, so Lesani.
Das System IIS wird rund um neuralgische Verkehrsabschnitte, beispielsweise an stark befahrenen Kreuzungen installiert. LiDAR steht für Light Detection And Ranging. Es wird auch bei 3D-Laserscannern eingesetzt und ist in der Vermessungsbranche bestens bekannt. Wirklich Karriere gemacht hat es aber im Bereich des Autonomen Fahrens, wo es als wichtigster Sensor für die Außenwahrnehmung des Fahrzeugs gilt. LiDAR misst Entfernungen und erkennt Objekte, er liefert eine hohe räumliche Auflösung und funktioniert als aktives Messverfahren unabhängig von den Lichtverhältnissen. Auf diesen Bereich ist Velodyne seit Anfang der Nuller-Jahre spezialisiert und gilt dort als technologisch führend.
LiDAR für die Verkehrszählung
Die LiDAR-Vorteile macht Velodyne nun auch für die Verkehrserfassung verfügbar und schafft damit eine neue Generation an Sensorik, die alle Vorteile der bisherigen Verkehrszählungsmethoden vereint und noch einige neue Features mit sich bringt, die die Verkehrsdatenerhebung auf das nächste Level führen soll. Die Lösung ist bereits in mehreren nordamerikanischen Städten im Einsatz, unter anderem in Quebec und British Columbia. In New Jersey und anderen Städten in den Vereinigten Staaten wird sie aktuell eingeführt. Das Unternehmen hat außerdem eine Vereinbarung mit dem Rutgers Center for Advanced Infrastructure and Transportation (CAIT) bekannt gegeben, das seine bestehende Verkehrsmanagement-Lösung mit Velodyne Alpha Prime-Lidar-Sensoren ausstattet. Sie sollen an mehreren Kreuzungen in New Brunswick und New Jersey installiert werden.
Die räumliche Auflösung der Velodyne-Sensoren ermöglicht es nämlich, dass sich Automobile nicht nur in Echtzeit orientieren können, sondern auch viel besser verstehen können, was im Umfeld eines komplexen Verkehrsknotenpunktes an Interaktionen stattfindet. Die Velodyne IIS „generiert Datenanalysen und Vorhersagen in Echtzeit und soll so helfen, Verkehrs- und Personenströme zu optimieren und damit auch die Verkehrssicherheit zu steigern“, sagt Dieter Gabriel, Marketing Manager EMEA bei Velodyne.
Die Velodyne-Lösung erfasst Fahrzeuge, Fußgänger und Radfahrer. Gleichzeitig erstellt sie 3D-Karten von Straßen und Kreuzungen in Echtzeit. Sie ermöglicht damit eine präzise Verkehrsüberwachung und -analyse. Daten werden per Laser bei allen Licht- und Wetterverhältnissen rund um die Uhr erfasst. Sie erzeugt multimodale Analysen, die verschiedene Verkehrsteilnehmer wie Fahrzeuge, Fußgänger und Radfahrer erkennt.
IIS ist, so Velodyne, kostengünstiger und einfacher zu installieren als radar- und kamerabasierte Systeme. Der niedrigere Preis sei darauf zurückzuführen, dass ein einziger LiDAR-Sensor, der an einem Verkehrsmast installiert sein kann, eine ganze Kreuzung oder einen Autobahnabschnitt erfassen kann. Eingesetzt werden können die Velodyne-Sensoren Alpha Prime, Ultra Puck, Puck und Velarray. Sie identifizieren alle keine personenbezogenen Daten (etwa per Gesichtserkennung, Haut- oder Haarfarbe) und sind somit datenschutzrechtlich unbedenklich.
Räumliche Analysen inklusive
Da der LiDAR-Sensor auch die Geschwindigkeit der sich bewegenden Objekte erkennen kann, liefert er auch Erkenntnisse zum Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer. Dies kann auch mit der Verkehrssteuerung synchronisiert werden, so dass zum Beispiel Ampelschaltungen in Echtzeit optimiert werden können. Ebenso lassen sich sehr genaue Rückschlüsse über den Einfluss externer Bedingungen – wie etwa dem Wetter – auf das durchschnittliche Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer ziehen.
Ein weiterer Vorteil ist die Unfallanalyse. Diese liegt heute in Form der Unfallberichte vor, mit der Velodyne-Technik können aber auch Beinahe-Unfälle identifiziert werden, was einen wesentlich tieferen Einblick in das Verkehrsverhalten zulässt. Für diesen Fall hat Velodyne die Kennzahl Post Encroachment Time (PET) entwickelt. Bei ihr wird ein bestimmtes Gebiet räumlich definiert, beispielsweise in dem Risikogebiet einer Kreuzung. Gemessen wird die Zeit zwischen dem Verlassen dieses Raums eines Verkehrsteilnehmers und dem Eintritt des nächsten. Velodyne hat dabei zwei Sekunden als Marke definiert, unterhalb der ein Ereignis als kritisch eingestuft wird. „So werden automatisch Risikoindizes für bestimmte Gebiete ausgegeben“, sagt Gabriel. Ebenso werden interaktive Heatmaps erstellt, die angeben, wo Konfliktsituationen besonders häufig entstehen. Dabei kann auch nach verschiedenen Klassen an Verkehrsteilnehmern oder auch für typische Situationsmuster (beispielweise links abbiegen oder U-Turn) klassifiziert werden. Die Anwendung ist auch dazu in der Lage, Unfälle zu detektieren und die Informationen an entsprechende Institutionen wie Polizei und Feuerwehr weiterzugeben. (sg)