Die Vermessungsämter der Region Ostwestfalen-Lippe haben ein gemeinsames 3D-Gebäudemodell entwickelt und mit Hilfe der Software PlexMap auf Ihre unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten.
Ostwestfalen-Lippe (OWL) ist in mehrfacher Hinsicht besonders. Einerseits ist es eine homogene Einheit. Die Region ist identisch mit dem Regierungsbezirk Detmold und damit eine Verwaltungseinheit in Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommt die gemeinsame Sprachwurzel im Ostwestfälischen, wodurch die Region OWL auch ein ausgeprägtes Regionalbewusstsein besitzt. Und damit wäre man bei dem „andererseits“. Denn OWL ist sowohl naturräumlich als auch siedlungsräumlich höchst unterschiedlich. Mittelgebirgslandschaften, Hochflächen oder Bördelandschaften wechseln sich ab. Genauso wie Großstädte (Bielefeld, Paderborn, Gütersloh), kreisangehörige Städte, wirtschaftlich starke Kleinstädte und ländliche Gebiete. Kurz: Ein Stück Deutschland in all seiner Vielfalt auf vergleichbar kleinem Gebiet von rund 6.500 Quadratkilometern Fläche und zwei Millionen Einwohnern.
Genau diese Charakteristik bringt individuelle Einsatzschwerpunkte für 3D-Daten mit sich. Vor diesem Hintergrund hat sich der gemeinsame Arbeitskreis „GDI OWL“ der Vermessungsämter Stadt Bielefeld, Kreis Herford, Kreis Höxter, Kreis Lippe, Kreis Paderborn, Stadt Paderborn, Kreis Gütersloh, Stadt Gütersloh und Kreis Minden-Lübbecke dazu entschlossen ein gemeinsames 3D-Gebäudemodell zu entwickeln, das dann von den unterschiedlichen Akteuren auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten werden kann.
Arbeitsgrundlage des Modells bilden die über Open.NRW (vgl.: www.open.nrw) frei zugänglichen 3D-Gebäudemodelldaten von Geobasis NRW sowie die Software PlexMap der Firma Geoplex. Für den Aufbau des gemeinsamen Teils der 3D-GDI OWL wurde das LoD2-Gebäudemodell des Landes NRW verwendet und mit den landesweit vorliegenden Luftbilddaten über automatische Workflows im PlexMap Switchboard texturiert. Vermessungsämter in OWL, die bereits über eigene 3D-Gebäude in höheren LoD-Stufen verfügen, haben diese über die Switchboard-Funktion „best of LoD“ in das landesweite Gebäudemodell integriert, sodass den Nutzer:innen für jedes Gebäude die höchstmögliche Detailstufe zur Verfügung steht.
Für die Generierung von 3D-Waldflächen kommt darüber hinaus das Basis-DLM NRW (Digitales Landschaftsmodell) zum Einsatz. Über attributbasierte Filter im PlexMap Switchboard wurden im Basis-DLM zunächst alle Waldflächen identifiziert. Innerhalb dieser 2D-Flächen wurden, differenziert nach der Art der Bewaldung, passende 3D-Bäume platziert. Die Höhen der einzelnen 3D-Bäume wurde dabei aus dem Digitalen Oberflächenmodell des Landes NRW abgeleitet. Zur weiteren Ausgestaltung des Modells wurden darüber hinaus Windkraftanlagen im 3D-Modell der Region platziert. Grundlage dieses Prozesses sind auch hier wieder 2D-Daten, die attributbasiert und unter Verwendung realistischer 3D-Modelle zu 3D-Windkraftanlagen aufgebaut wurden. Das so abgeleitete Basismodell für OWL in 3D dient als Grundlage für die Arbeit in den jeweiligen Vermessungsämtern und wurde zusätzlich unter www.owl-in-3d.de zur Verfügung gestellt.
Individueller Ausbau des 3D-Modells
Die Einsatzzwecke des 3D-Modells sind so unterschiedlich wie Ostwestfalen-Lippe selbst. Der Kreis Gütersloh etwa fokussiert sich auf die raumzeitliche Visualisierung von Renaturierungsmaßnahmen. So hatte der Kreis im Zuge der Renaturierung der Glenne, einem Nebenfluss der Lippe, das betroffene Gebiet mit Drohnen befliegen lassen und aus den Bildaufnahmen 3D-Modelle erstellt, die ins Basismodell von OWL in 3D importiert wurden. Der technische Workflow für diesen Prozess wurde im Switchboard definiert und automatisiert ausgeführt. Ebenso wurden beispielsweise die für die Wasserwirtschaft wichtigen Geländeprofile abgeleitet.
PlexMap 6: Automatische Volltexturierung von CityGML-Modellen
Ab PlexMap 6 können CityGML-Modelle im LoD2 und aufwärts über eine neue Switchboard-Funktion vollautomatisch mit Schrägluftbildern texturiert werden. Ist das Switchboard einmal aufgebaut, kann die Texturierung problemlos in die Fortführung des eigenen 3D-Stadtmodells integriert werden. Die Funktionalität kommt für alle PlexMap-Kunden kostenlos. Voraussetzung ist eine vorhandene Lizenz für PlexMap 3D, PlexMap Oblique und der Zugriff auf das PlexMap Backend. (sg)
Im Kreis Paderborn liegt der Schwerpunkt auf der Windenergieanlagen (WEA). Die Region ist bekannt für die stattliche Anzahl von WEA auf den Hochlagen rund um die Stadt. Mit PlexMap erfolgt die Fortführung WEA in Richtung 3D, um die Software zum Beispiel für Sichtbarkeits- und Verschattungsanalysen sowie zur Beteiligung der Öffentlichkeit einsetzen zu können.
In der Stadt Paderborn spielt insbesondere die Visualisierung von städtebaulichen Planungen eine große Rolle. So können über den PlexMap Planer neben bestehenden Gebäuden auch geplante Bauvorhaben gezeigt und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Darüber hinaus wird PlexMap hier zur Visualisierung von „Fairtrade Stadt Paderborn“ eingesetzt. Seit 10 Jahren ist Paderborn Teil dieser internationalen Bewegung. Im 3D-Viewer werden nun Fairtrade-Geschäfte dargestellt und über den Einsatz von Innenraum-Panoramabildern begeh- und erlebbar gemacht.
Der Kreis Herford setzt PlexMap sehr vielseitig ein. Beispiele sind die Quartiersplanung und die 3D-Darstellung von Hochwassergefahrenkarten. Auch werden über eine eigene Fortführung Teilbereiche des Basismodells von OWL in 3D durch detaillierte Modellierungen aufgewertet, um planerischen Aufgaben in geeigneter Weise begegnen zu können. Um diesen Prozess weiter zu professionalisieren hat sich der Kreis Herford zudem kürzlich dazu entschlossen, den Funktionsumfang um PlexMap Oblique zu erweitern. So können nun Schrägluftbilder und 3D-Meshes aus einem hochauflösender Bildflug, der in 2022 durchgeführt wurde, in die Planungsprozesse integriert werden und zum Beispiel in planerischen Zusammenhängen eingesetzt werden.
Im Kreis Höxter wiederum wurde eine Freiflächen-Photovoltaikanlage für den Planungs- und Genehmigungsprozess in 3D visualisiert. Hintergrund war unter anderem der Konflikt in der Flächennutzung mit der Landwirtschaft, aber auch das konkrete Einfügen der geplanten PV-Anlage mit einer Größe von 16 Hektar in das Landschaftsbild hatte für kontroverse Diskussionen in der Bevölkerung und politischen Gremien gesorgt. Deshalb wurde der Geoinformationsservice des Kreises mit einer möglichst realitätsnahen 3D-Visualisierung der geplanten Anlage beauftragt. Auf Grund der sehr detaillierten Darstellung unterschiedlicher Planungsvarianten in PlexMap 3D konnte schließlich die Zustimmung der politischen Kreisgremien für das geplante Bauvorhaben in angepasster Form erreicht werden.
In der Stadt Bielefeld spielt eine homogenisierte Bereitstellung in der Geodateninfrastruktur von kommunalen Geofachdaten, 3D-Stadtmodelldaten und einem 3D-Mesh (texturierte Geländeoberfläche) eine zentrale Rolle. Das ist sowohl für Aktivitäten der Stadtverwaltung aber auch für Projekte der digitalen Stadtgesellschaft im Zuge der Einführung eines Digitalen Zwillings von Bedeutung. Darüber hinaus sind stadtplanerische Aufgaben von hohem Nutzen. Das 3D-Stadtmodell wird auch im Bereich der Wirtschaftsförderung eingesetzt (www.standortportal-bielefeld.de, umgesetzt mit der App PlexMap Immo). Vor diesem Hintergrund hat sich das städtische Vermessungsamt dazu entschlossen eine hochauflösende Luftbildbefliegung durchzuführen, die gleichzeitig ein detailliertes 3D-Mesh-Modell für das gesamte Stadtgebiet liefert. Ein solches 3D-Mesh eignet sich zum Beispiel für die Visualisierung von Planungsvarianten im 3D-Stadtmodell oder für die Vermarktung von Leerständen oder Gewerbeflächen durch die „WEGE Bielefeld“ als lokale Wirtschaftsförderungsgesellschaft.
OWL in 3D zeigt, wie ländliche und urbane Regionen unterschiedlichen Nutzen aus 3D-Visualisierungen ziehen. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass alle Akteure von OWL in 3D durch die gemeinsame Plattform profitieren. Somit wird das Angebot aktuell weiter ausgebaut: Die Stadt Bielefeld und der Kreis Herford haben kürzlich Bildflüge (mit bis zu 2,5 cm Bodenauflösung) durchgeführt, um hochwertige 3D-Meshes zu generieren. (sg)