Langsam ist es soweit: 3D-Stadtmodelle werden innerhalb von Kommunen für konkrete Planungen und fachliche Aufgabenstellungen genutzt, beispielsweise bei der Planung städtischer Wärmeversorgung. Dies wird für neue Aufmerksamkeit sorgen – genauso wie innovative Technologien etwa bei Modellierung, Druckern oder bei BIM.
Wird die Geschichte von digitalen 3D-Stadtmodellen in Mitteleuropa erzählt, ziehen Experten immer wieder das Bild des berühmten Gartner–Hype-Cycles heran. Demnach sind die Modelle derzeit in der Phase des langsamen Anstiegs von Praxisrelevanz. Nachdem das Thema vor rund 15 Jahren große Aufmerksamkeit erfuhr und dann eine Phase der Desillusionierung eintrat, diffundieren die Modelle nun langsam aber sicher in verschiedenste Gebiete von kommunalen Analysen und Planungen. Sie unterstützen Fachleute und Bürger bei der Diskussion und bei Entscheidungen rund um verschiedenartige Themen, angefangen bei der Stadtplanung über energiepolitische Fragen bis hin zum Schutz vor Naturgefahren und Terrorismus. Ganz nach dem sprichwörtlichen Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein. Manch ein Experte hätte sich mehr Dynamik gewünscht, allerdings lehrt manche neue IT-Erfindung, dass nachhaltige Optimierung eben eine gewisse Zeit braucht.
Dabei schreitet die Technik in Riesenschritten voran. Die automatische Erstellung von Modellen wird immer leistungsfähiger, die Nutzung von bildbasierten Verfahren zur 3D-Modellierung ist inzwischen immens und der Bedarf an Speicherkapazität und Bandbreite wird ebenfalls zunehmend abgedeckt, so dass 3D-Modelle auch auf mobilen Plattformen verfügbar werden. Parallel treibt die Digitalisierung des Bauwesens, hier ist vor allem das Stichwort BIM zu nennen, den Bedarf an solchen Modellen voran: 3D-Planung und Visualisierung auf dem Tablet direkt auf der Baustelle sind heute keine Seltenheit mehr. 3D-Stadtmodelle sind gewissermaßen auch die Schnittstelle, an der die Baubranche und die klassische Geowelt aufeinandertreffen. So beginnt die Baubranche beispielsweise damit, den IFC-Standard als zentrales Paradigma für die 3D-Modellierung zu etablieren, bei den 3D-Stadtmodellen hat sich dagegen CityGML weltweit etabliert. CityGML fokussiert dabei auf die Bestandsdokumentation und profitiert von modernen Vermessungsverfahren, während die Bauwirtschaft vor allem aus der Entwurfsplanung heraus denkt. Gerade jedoch im Tiefbau wird die hybride Modellierung aus Bestands- und Planungsdaten immer wichtiger und ist einer der grundlegenden Bestandteile des BIM-Ansatzes, der ja auch politisch gefördert wird. Ebenso treffen auf Ebene der 3D-Stadtmodelle verschiedene maßstäbliche Größenordnungen der Planung aufeinander: In der Gebäudewelt herrschen lokale Koordinatenbezugssysteme vor, bei 3D-Stadtmodellen sind es geografische. Kurz: CAD trifft auf GIS. Hier müssen noch einige technische Hindernisse überwunden werden.
Dabei lohnt sich der Blick über den internationalen Tellerrand. So hat die Stadt Helsinki kürzlich auf dem weltweiten Nutzertreffen von Bentley Software (Year in Infrastructure) in London gezeigt, wie man das Thema 3D auch angehen kann. Die Stadt setzt einerseits darauf, bei der Erstellung der Modelle modernste Technologie (unter anderem von Bentley und Virtual City Systems) zu nutzen, andererseits stellt sie die Daten konsequent als Open Data zur Verfügung. Dadurch sollen Drittfirmen, akademische Organisationen (unter anderem die TU München) oder andere Teile der Verwaltung dazu in die Lage versetzt werden, die Daten innerhalb neuer Anwendungen zu nutzen und diese in Wert zu setzen. Helsinki nutzt dabei eine ganze Reihe von Bentley Produkten mit den unterschiedlichsten CAD- und GIS-Funktionen, um das Potenzial der Daten voll auszuschöpfen-, angefangen von der Dokumentation der Leitungsinfrastruktur bis hin zur Unterstützung des umfassenden low-carbon-Programms der Stadt.